06.11.2020 Veranstaltung

Auftakt Ort der Verbundenheit

Angehörige ehemaliger Häftlinge des KZ Neuengamme haben den „Ort der Verbundenheit“, einen internationalen Erinnerungsort zur Mitwirkung für Angehörige, entwickelt. Mit individuell gestalteten Plakaten erzählen sie die Geschichten ihrer verfolgten Familienmitglieder. Sie laden dazu ein, zukünftig die Plakate vor Ort zu vervielfältigen und so die Erinnerung lebendig zu halten. Am 13. November 2020 gibt es einen feierlichen Auftakt für dieses neue, aktive Denkmal.

Fünf Jahre haben Angehörige ehemaliger Häftlinge des KZ Neuengamme aus mehreren Ländern auf diesen Moment hingearbeitet. Pandemiebedingt wird nun am 13. November 2020 um 11 Uhr nur ein kleiner Auftakt stattfinden können. Zum Auftakt lädt die KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Kooperation mit der AG „Ort der Verbundenheit“, dem Studio Experimentelles Design der Hochschule für Bildende Künste, dem Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme und der Amicale Internationale KZ Neuengamme (AIN) ein.

Für viele Angehörige ist die Verfolgung der ehemaligen Häftlinge im Konzentrationslager ein zentrales Thema, das auch ihr eigenes Leben entscheidend prägte. Der Wunsch, ihre persönliche Verbundenheit mit ihrem im KZ Neuengamme inhaftierten Familienmitglied am historischen Ort seines Leidens zum Ausdruck zu bringen, inspirierte sie zu der Idee für den „Ort der Verbundenheit“. Gemeinsam mit dem Studio Experimentelles Design an der Hochschule für bildende Künste Hamburg entwickelten sie einen vielschichtigen, interaktiven und internationalen Ort lebendigen Erinnerns.

Am „Ort der Verbundenheit“ sind Angehörige von Häftlingen des KZ Neuengamme aus der ganzen Welt eingeladen, ein Plakatmotiv über ihr verfolgtes Familienmitglied zu gestalten. Aus den Motiven werden Druckplatten erstellt, die in Archivregalen dauerhaft im Außengelände der KZ-Gedenkstätte Neuengamme präsentiert werden. In der Druckwerkstatt können Besucherinnen und Besucher der KZ-Gedenkstätte in Workshops diese Plakate im Hochdruckverfahren vervielfältigen und dort an einer Plakatwand präsentieren. So werden die Erinnerungen an im KZ Neuengamme inhaftierte Menschen immer wieder neu sichtbar gemacht. Erinnerung verblasst, auch Plakate verwittern. Dies zeigt: Gedenken ist ein aktiver Prozess, der von Beteiligung lebt. „Gedenken heißt handeln!“ heißt es auf der mehrsprachigen Website www.ort-der-verbundenheit.org , auf dem die Plakate auch online einsehbar sind. Dort finden Angehörige und Personen, die das Projekt unterstützen möchten, auch Anleitungen zum Mitmachen.

Bernhard Esser (AG „Ort der Verbundenheit“): „Mein Plakat ist ein Brief an meinen Vater und meine von den Nazis so schrecklich verfolgte Familie. Ich verspreche meinem Vater darin, wachsam zu bleiben und einzugreifen. Die nationalsozialistischen Verbrechen werden heute wieder verleugnet, verdreht und verharmlost. Für mich heißt Gedenken daher auch Handeln. Der Ort der Verbundenheit will dazu anregen, aktiv zu werden. Das finde ich heute wichtiger denn je.“

Dr. Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien): „Der ‚Ort der Verbundenheit‘ ist ein in dieser Form einzigartiges Projekt, das die Erinnerung auf besondere Weise lebendig hält. Die Gestaltung eines aktiven Erinnerungsprozesses durch Angehörige ehemaliger Häftlinge des KZ Neuengamme und Studierenden der Hochschule für bildende Künste Hamburg ist ein höchst gelungenes Zusammenwirken verschiedener Generationen und kultureller Kompetenzen. Alle vereint in dem Bestreben, einen aktiven und individuellen Umgang mit dem Gedenken möglich zu machen. Die Behörde für Kultur und Medien fördert den ‚Ort der Verbundenheit‘ aus Mitteln des Programms ‚Kunst im öffentlichen Raum‘, weil hier auf anspruchsvolle und beeindruckende künstlerisch-gestaltende Weise eine zeitgemäße Öffentlichkeit des Erinnerns hergestellt wird.“

Dr. Oliver von Wrochem (KZ-Gedenkstätte Neuengamme): „Mit dem ‚Ort der Verbundenheit‘ finden die Perspektiven der Angehörigen von Verfolgten einen dauerhaften und gut wahrnehmbaren Platz in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Dieser sich stetig weiter entwickelnde Ort lebendigen Erinnerns kann Besucherinnen und Besucher anregen, sich die weiterhin spürbaren Auswirkungen von Hafterfahrungen auf nachfolgende Generationen zu vergegenwärtigen. Eine großartige Initiative und ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen!“

Charlotte Perka (Studio Experimentelles Design): „Wir als Studierende wollten einen Gedenkort schaffen, der zu aktivem Handeln einlädt – die Familien der ehemaligen Häftlinge, aber auch alle Besucher*innen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die sich beim Drucken und Plakatieren solidarisch zeigen können. Ich hoffe, dass ganz viele mitmachen werden!“

Pressemitteilung