Im Lager: Ehemaliges Häftlingsbad, Arrestbunker, Häftlingsküche, links im Hintergrund das noch heute bestehende Steinhaus zur Unterbringung von Häftlingen. Foto: Reiner Rump, kurz vor Abriss der Baracken, 1948. (ANg 2011-73)

Der Alltag der Häftlinge

Hunger

Der Alltag im Lager war von Willkür, Gewalt und Unterordnung bestimmt. Häftlinge versuchten, sich im andauernden Existenzkampf nicht aufzugeben. Bereits kleine Verstöße gegen Anordnungen von Aufsehern konnten schwer bestraft werden. Die Verpflegung war so ungenügend, dass sehr viele Häftlinge innerhalb weniger Monate starben. Das Essen war minderwertig und oft ungenießbar. Der Hunger beherrschte das Denken und Verhalten den ganzen Tag über. Viele versuchten, sich illegal Nahrung zu beschaffen. Einige Gefangene überlebten nur, weil sie Lebensmittelpakete von ihren Angehörigen oder vom Roten Kreuz erhielten.

Kleidung

Als Kleidung trugen die Häftlinge zunächst blau-weiß gestreifte Einheitsanzüge aus minderwertigen Stoffen. Die Schuhe waren primitiv, meist aus Stoff- oder Lederresten mit Holzsohlen. An Jacke und Hose waren neben der Nummer des Häftlings die farbigen Dreiecke („Winkel“) aufgenäht, die den zugewiesenen Haftgrund aufzeigten. Ab 1943 wurde immer mehr Zivilkleidung, z.T. aus den Vernichtungslagern, an die Häftlinge verteilt. Diese Kleidungsstücke mussten auf dem Rücken mit gestreiften Stoffstücken oder Kreuzen aus gelber Ölfarbe versehen werden, damit sie bei einer Flucht auffielen.

Unterbringung

In den Holzbaracken die aus jeweils zwei "Blocks" bestanden, schliefen die Häftlinge anfangs dicht gedrängt auf dem Boden. 1941 wurden die Blocks mit dreistöckigen Betten, Spinden, Tischen und Bänken ausgestattet. In den 50 x 8 m messenden Blocks waren in der Regel weit über 300, manchmal sogar über 600 Menschen zusammengepfercht. 1943/44 wurden zwei Steinbauten errichtet, die je vier „Blocks“ umfassten, die mit 500 bis 700 Häftlingen belegt wurden. Ab 1944 teilten sich regelmäßig zwei, manchmal sogar drei Gefangene eine Bettstelle. Ruhiger Schlaf war wegen der Überfüllung nicht möglich. In den Unterkünften roch es nach Schweiß und Fäkalien, weil die Waschmöglichkeiten begrenzt waren und viele Häftlinge unter Magen-Darm-Krankheiten litten. Es gab keine Privatsphäre. Bei der Verteilung der besten Schlafplätze galt oft das Recht des Stärkeren.

„Eine andere mitwirkende Ursache der vielen Todesfälle waren die schlechten hygienischen Verhältnisse, besonders daß die Essensschalen alle möglichen Arten von rostigen Schalen waren, Waschschalen oder ähnliches, die nur im kalten Wasser gewaschen werden konnten und von den Gefangenen abwechselnd benutzt wurden.“

Børge Steen Andersen aus Dänemark war ab Oktober 1944 im KZ Neuengamme inhaftiert. (Bericht 1987, ANg)