Bild vom im Krankenrevier des Stammlagers Neuengamme geführten Totenbuch, 26.3.1943
Totenbuch, geführt im Krankenrevier des Stammlagers Neuengamme, 26.3.1943 (ANg 1996-491)

Totenbuch

Die Häftlinge

Von Dezember 1938 bis April 1945 waren fast 100.000 Menschen aus ganz Europa im KZ Neuengamme inhaftiert. Etwa 80.000 Männer und über 13.000 Frauen wurden von der Lagerverwaltung mit einer Häftlingsnummer erfasst. Rund 1000 sowjetische Kriegsgefangene behielten ihre bisherige Kriegsgefangenennummer. 1500 Polizeihäftlinge wurden mit besonderen Nummern registriert. Weitere ca. 1400 Menschen wurden ausschließlich zur Exekution in das KZ Neuengamme gebracht. Sie erhielten keinerlei Nummern.

Zunächst war das KZ Neuengamme der Inhaftierungsort für Menschen aus Deutschland. Sie wurden aus politischen oder rassistischen Gründen ins Konzentrationslager eingewiesen oder waren als „Kriminelle“, „Asoziale“, Homosexuelle oder Zeugen Jehovas inhaftiert. Im Kriegsverlauf deportierten Gestapo und Sicherheitsdienst zehntausende Menschen aus allen besetzten Ländern Europas als KZ-Häftlinge nach Neuengamme. Die mit Abstand am häufigsten vertretenen Herkunftsländer waren die Sowjetunion und Polen. Die größten Gruppen aus Westeuropa stellten die Franzosen, Niederländer, Belgier und Dänen. Unter den weiblichen Häftlingen gab es Tausende von polnischen und ungarischen Jüdinnen.

Das Sterben im KZ Neuengamme

Durch die Lebens- und Arbeitsbedingungen geschwächt, starben viele Häftlinge des KZ Neuengamme schon nach kurzer Zeit an Krankheiten, Unterernährung und den Folgen der Misshandlungen. Die Sterberate nahm stetig zu. Im letzten halben Jahr des Krieges starben etwa 2000 Menschen pro Monat im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern.

In großer Zahl wurden im KZ Neuengamme Hinrichtungen durchgeführt. 448 sowjetische Kriegsgefangene wurden im Arrestbunker mit dem Gas Zyklon B ermordet. Die Hinrichtung von KZ-Häftlingen wurde 1942 als Lagerstrafe eingeführt, zum Beispiel bei Fluchtversuchen oder bei Sabotageverdacht. Sie fand zur Abschreckung häufig auf dem Appellplatz statt. Im April 1942 stellte eine SS-Ärztekommission eine Gruppe aus etwa 300 Häftlingen des KZ Neuengamme zusammen. Unter ihnen waren Kranke und Entkräftete, aber auch politisch Missliebige und viele Juden. Sie wurden kurze Zeit später in die „Landes-Heil- und Pflegeanstalt“ Bernburg transportiert. Dort wurden sie mit Gas getötet.

Die Toten

Die Gesamtzahl der Menschen, die im KZ Neuengamme, in den Außenlagern und im Zuge der Räumungsmärsche in den letzten Kriegswochen ums Leben kamen, kann aufgrund der lückenhaften Quellenüberlieferung nur grob geschätzt werden. Nachweislich starben mindestens 42.900 Menschen als Häftlinge des KZ Neuengamme, davon etwa 14.000 im Hauptlager und mindestens 12.800 in den über 80 Außenlagern. Mindestens 16.100 Häftlinge des KZ Neuengamme kamen zudem in den letzten Kriegswochen auf Räumungsmärschen, in Auffanglagern oder bei der Bombardierung der Häftlingsschiffe in der Lübecker Bucht ums Leben.

Hinzu kommen noch die unzähligen Menschen, die nach ihrer Haftzeit im KZ Neuengamme in anderen Konzentrationslagern zugrunde gingen und jene, die nach Kriegsende an den Folgen der KZ-Haft starben.

23.394 Todesopfer sind namentlich bekannt, nur sie sind in diesem Totenbuch erfasst. 12.270 dieser Häftlinge starben im Hauptlager KZ Neuengamme, 7671 in den Außenlagern und SS-Baubrigaden sowie 3453 an anderen oder unbekannten Orten. 23.075 dieser namentlich bekannten Toten waren Männer, 319 waren Frauen. Sie kamen aus folgenden Ländern:

Sowjetunion 5451
Polen 4101
Niederlande 3401
Frankreich 3037
Deutschland 2892
Belgien 1571
Lettland 605
Ungarn 381
Italien 345
Dänemark 316
Jugoslawien 182
Tschechoslowakei 171
weitere Länder 452
unbekannte Herkunft  489

Recherche im Totenbuch 

Quellenverzeichnis

  • Sterberegistereinträge des Sonderstandesamts Hamburg-Neuengamme, des Sonderstandesamts Bad Arolsen und der Standesämter in Hamburg, Hannover, Bremen, Salzgitter und zahlreicher weiterer Orte Norddeutschlands
  • Feuer- und Erdbestattungsregister des Friedhofs Hamburg-Ohlsdorf sowie Einäscherungs- und Gräberlisten zahlreicher weiterer Friedhofsämter
  • Erhaltene Originalquellen des KZ Neuengamme, darunter insbesondere die Häftlings-Toten-Nachweise für das Stammlager (Februar 1940 – März 1945) und die Außenlager (März 1943 – Dezember 1944)
  • Listen mit Opfern verschiedener Nationalität, die nach Kriegsende zusammengestellt wurden, wie:
    • „Mémorial des Français et des Françaises déportés au camp de concentration de Neuengamme et dans ses Kommandos“ [französisches Gedenkbuch der Amicale française de Neuengamme et de ses Kommandos]
    • „Listes des Belges détenus dans le KZ et ses Kdos“ [belgisches Gedenkbuch des Sekretärs der belgischen Amicale, Victor Malbecq]
    • „In Memoriam Nederlandse Oorlogsslachtoffers 34“ [Gedenkbuch der niederländischen Kriegsgräber-Stiftung]

Ein ausführliches Quellenverzeichnis kann bei der KZ‑Gedenkstätte Neuengamme angefordert werden.