06.05.2016 Gedenkveranstaltung

Gedenkveranstaltungen anlässlich des 71. Jahrestages des Kriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager

Bericht über die Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, am Cap-Arcona-Denkmal in Neustadt, das Forum "Zukunft der Erinnerung" und weitere Veranstaltungen im Rahmen der diesjährigen Gedenkveranstaltungen.

Die diesjährigen Gedenkveranstaltungen begannen mit der öffentlichen Lesung "Ein Krieg von zwei Seiten. Zwei Personen, zwei Perspektiven" in der Bar GOLEM am 29. April 2016 mit dem Ehepaar Martine Letterie und Ringe Smedinga. Die Enkelin des niederländischen Kommunisten Martinus Letterie, der im KZ Neuengamme ermordet wurde, und der Sohn eines niederländischen SS-Freiwilligen und Aufsehers im Durchgangslager Westerbork sprachen über ihre jeweilige Familiengeschichte sowie deren Auswirkung auf ihr Leben. Die Veranstaltung war mit 65 Personen sehr gut besucht.

Vom 30. April bis zum 2. Mai 2016 fand dann das Forum "Zukunft der Erinnerung" statt, in dem ca. 60 Nachkommen ehemaliger KZ-Häftlinge, Mitglieder von Überlebendenverbänden, MitarbeiterInnen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und mit ihr verbundener Organisationen sowie Jugendliche und weitere Interessierte über Fragen des künftigen Gedenkens an den Nationalsozialismus diskutierten. Auf dem Programm standen Überlegungen zur Vernetzung, die stärkere Einbeziehung der Überlebendenverbände in die Arbeit der Gedenkstätte sowie eine mögliche Sichtbarmachung der Namen aller ehemaligen Häftlinge auf dem Gelände der Gedenkstätte. Zudem standen persönliche Auseinandersetzungen von Angehörigen ehemaliger TäterInnen und ehemals Verfolgter mit ihrer eigenen Familiengeschichte sowie die Diskussion, ob man diese öffentlich machen sollte, im Fokus. Sieben junge Erwachsene, die sich im Vorfeld des Forums intensiv mit ihrer jeweils eigenen Familiengeschichte beschäftigt hatten, präsentierten einen Stop-motion Film ihrer Arbeit. Außerdem ließen sich drei Überlebende des KZ Neuengamme und seiner Außenlager von den jungen Erwachsenen zu ihren Lebensgeschichten befragen.

Am 30. April wurde die Sonderausstellung "Zwischen Harz und Heide. Todesmärsche und Räumungstransporte im April 1945" eröffnet, an der 100 Gäste teilnahmen. Es sprach die Überlebende des KZ Neuengamme, Dr. Dagmar Lieblová und Frau Dr. Heubaum, stellvertretende Leiterin der KZ-Gedenkstätte Mittelbau Dora, und Dr. Jens-Christian Wagner (Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten) führten in das Thema ein. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch die Klarinettistin Nele B. Nelle.

An den Vormittagen des 2. und 4. Mai 2016 fanden Gespräche mit Überlebenden des KZ Neuengamme und seiner Außenlager statt statt. Livia Fränkel (Schweden), Henryk Francuz (Israel), Joanna Fryczkowska, Janusz Kahl und Roman Kamieniecki (Polen), Ivan Moscovich (Niederlande), Karla Raveh (Israel) und Natalija Radchenko (Belarus) berichteten Schülerinnen, Schülern und anderen Interessierten von ihrer Haftzeit sowie ihrem Leben nach dem Überleben bis heute.

180 Menschen waren am 2. Mai in den Gartensaal des Hotels Baseler Hofs in der Hamburger Innenstadt gekommen, um vier Generationen auf dem Podium zu sehen. Im Rahmen des Generationengesprächs "Ich habe mit ihnen kaum über meine Vergangenheit gesprochen", das von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltet wurde, sprachen dort die tschechische KZ-Überlebende Eva Keulemansová, ihre Kinder Peter Smolka und Eva Tesarová sowie Enkelin Lenka Attelová, die ihre 10 Monate alte Tochter Anna mitgebracht hatte. Im Gespräch mit Ulrike Jensen von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme berichtete Eva Keulemansová von ihrer Haftzeit. Ihre Kinder und Enkelin Lenka sprachen dann darüber, ob und wie die Haft der Mutter in der Familie thematisiert wurde. Das Gespräch fand trotz der schwierigen Themen in sehr entspannter Atmosphäre statt.

Am 3. Mai besuchten 250 Menschen die Gedenkveranstaltung anlässlich des 71. Jahrestages der Bombardierung der KZ-Schiffe in der Neustädter Bucht statt, an der auch zahlreiche Überlebende und ihre Familien teilnahmen. Die Reden am Ehrenmal in Neustadt in Holstein hielten Henryk Francuz (Israel) und Jewgenij Malychin (Ukraine), beide ehemalige KZ-Häftlinge und Überlebende der Schiffskatastrophe, Jean-Michel Gaussot, Präsident der Amicale Internationale KZ Neuengamme, der Bürgervorsteher der Stadt Neustadt, Sönke Sela, sowie der britische Militärattaché Dan Howard. Eine Lesung der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme sowie eine Schüler-Luftballon-Aktion rundeten die Gedenkveranstaltung ab.

Am späteren Nachmittag desselben Tages fand dann die zentrale Hamburger Gedenkveranstaltung anlässlich des 71. Jahrestages des Kriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme statt. Sie begann mit einer Kranzniederlegung am ehemaligen Arrestbunker. Auf der anschließenden Gedenkfeier in den ehemaligen Walther-Werken sprachen Dr. Dorothee Stapelfeldt, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg, Roman Kamieniecki, polnischer Überlebender des KZ Neuengamme, Dr. Martine Letterie, Vizepräsidentin der AIN und Enkelin eines niederländischen Häftlings des KZ Neuengamme vor ca. 250 Menschen. Danach stellen die Teilnehmenden des Filmprojektes ihren Stop-Motion-Film der Öffentlichkeit vor, in dem sie ihre eigenen familiären Verbindungen zur NS-Vergangenheit thematisieren. Der "Neue Chor" begleitete die Veranstaltungen musikalisch.

Zwei Veranstaltungen am 4. Mai 2016 beendeten die diesjährigen Gedenkveranstaltungen. Im Bürgermeistersaal des Bezirksamtes Wandsbek fand um 17 Uhr im Beisein der belarussischen Überlebenden Natalija Radchenko eine Gedenkveranstaltung zum ehemaligen Neuengammer Außenlager Wandsbek-Drägerwerke statt, auf der auch die überarbeitete Neuauflage des Buches "Ein KZ in Wandsbek" von Stefan Romey präsentiert wurde. Um 20 Uhr las Historiker Nikolaus Wachsmann im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung der Gedenkstätte mit dem Radiosender NDR Kultur und der Universität Hamburg aus seinem kürzlich auf Deutsch erschienenen Standardwerk "KL. Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager" und stellte sich den Fragen des NDR Literaturredakteurs Alexander Solloch.