26.04.2023 Gedenkveranstaltung
Angehörige der am Bullenhuser Damm ermordeten Kinder waren aus Frankreich, Belgien, den USA, Israel und Deutschland angereist, um an der Gedenkfeier am 20. April 2023 teilzunehmen.
Jedes Jahr am 20. April lädt die Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm e.V. zu einer Veranstaltung im Gedenken an die 20 jüdischen Kinder und mindestens 28 Erwachsenen ein, die in der Nacht vom 20. auf den 21. April 1945 von SS-Männern in einem ehemaligen Schulgebäude am Bullenhuser Damm in Hamburg-Rothenburgsort ermordet wurden.
300 Menschen sind auch in diesem Jahr in die ehemalige Turnhalle an den Bullenhuser Damm gekommen, um gemeinsam mit den Angehörigen an die Taten vor 78 Jahren zu erinnern und der Ermordeten zu gedenken. Angereist sind Marc-Alain Grumelin aus Frankreich, der Bruder der Geschwister Witoński, Arnon Reichenbaum aus Israel, der Neffe von Eduard Reichenbaum, Mai und Talia Hamburg aus Israel, die Großnichten von Walter Jungleib, Familie Zylberberg aus Deutschland, Verwandte von Ruchla Zylberberg, die Familie von Vanessa Gravenor aus Canada und den USA, Verwandte von Bluma Mekler, Mario de Simone aus Italien, der Bruder von Sergio de Simone und Tatiana und Andra Bucci aus Italien und Belgien, Cousinen von Sergio de Simone.
Die Begrüßung zur 44. Gedenkfeier übernahm die Vorsitzende der Vereinigung, Nicole Mattern. Sie berichtete davon, dass die Wanderausstellung über die Kinder vom Bullenhuser Damm aktuell in Schwenningen gezeigt wird - zusammen mit einer neu erarbeiteten Ausstellung über Ewald Jauch, einem der Täter vom Bullenhuser Damm. Schwenningen ist der Heimatort von Ewald Jauch. In Burgwedel, wo Straßen nach den ermordeten Kindern benannt sind, wird jedes Jahr am 20. April von Schülerinnen und Schülern erinnert. Ihre Erinnerungsplakate aus 20 Jahren wurden in diesem Jahr während der Gedenkfeier in der Aula präsentiert. Frau Mattern erinnerte daran, dass Gedenken nicht nur Traurigkeit ist, sondern auch ein Blick nach vorn sein sollte.
Dass Erinnerungsarbeit nie zuende ist, zeigt auch die aktuelle Entwicklung: Kürzlich wurde von Alberta Bezzan und Maria Pia Bernicchia die Identität von Sara Goldfinger geklärt: Sara nicht Surcis - neue Informationen zu einem der Kinder vom Bullenhuser Damm.
Anschließend wurde ein Grußwort des Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Hamburg, Peter Tschentscher, eingeblendet, der auf englisch zu den Gästen sprach und noch einmal auf die Taten im April 1945 einging. Er dankte für die Erinnerungsarbeit - und das taten anschließend auch die Schwestern Bucci in bewegenden Worten. Sie waren 1944 mit ihrem Cousin Sergio de Simone in das KZ Auschwitz deportiert worden.
Christa Goetsch aus dem Vorstand der Vereinigung und ehemalige Zweite Bürgermeisterin Hamburgs, hielt die Ansprache zum Motto "wir müssen weiterMachen" und erinnerte nicht nur an die Geschichte der Gedenkstätte, sondern auch daran, wie wichtige solche Gedenkorte auch heute weiterhin sind, um Wachsamkeit zu erhalten. Sie wünschte sich mehr Aufmerksamkeit für solche Themen, die Förderung aktiver längerer Erinnerungsprojekte mit jungen Menschen und verwies darauf, dass Erinnerungsarbeit das Leben bereichert.
Beispiele für solche nachhaltigen Erinnerungsprojekte, für die Weitergabe von Erinnerung, folgten im Anschluss. Die Klasse 11a der Stadtteilschule Kirchwerder hat das aktuelle Erinnerungskunstwerk in der Gedenkstätte Bullenhuser Damm gestaltet. Hanna und Nevio stellten das Projekt vor, das in künstlerischer und interaktiver Form an die Ermordeten erinnert und in Form von 20 weißen Puzzleteilen zum einen Individualität darstellt, zum anderen aufzeigt, dass alle Kinder dasselbe Schicksal teilten. Individuelle Nachrichten können in Form von gebastelten Herzen niedergelegt werden.
Die Brecht-Schule Hamburg hat den Margot-Friedländer-Preis für ihr Erinnerungsprojekt für die Kinder vom Bullenhuser Damm erhalten. Ein Kurzfilm zeigte die Arbeit an den Entwürfen, die zum Aufstellen eines Denkmals an ihrer Schule führte. Auf englisch sprachen mit Anouk, Josefina und Lauren drei beiteiligte Schülerinnen der Vielfaltgruppe der Brecht-Schule über diese Arbeit und die Bedeutung von Erinnerung, die Hoffnung für die Zukunft berge. Schließlich sprachen 20 Schüler*innen der Friz-Schumacher-Schule die Namen der ermordeten 20 jüdischen Kinder.
Die Gedenkfeier endete mit dem Kaddish durch Landesrabbiner Shlomo Bistritzky.
Begleitet wurde die Veranstaltung durch Sven van Koetsfeld am Piano und Alexander Polinkiy auf der Violine.
Nach der Gedenkfeier wurden Rosen im Rosengarten gepflanzt und niedergelegt.
Die Gedenkfeier wurde online übertragen und kann weiterhin abgerufen werden: Gedenkfeier am 20. April 2023