Aus dem Inhalt:
Der Beitrag stellt die Tätigkeit Erich Wentkers, Polizeipräsident von Harburg-Wilhelmsburg von 1927 bis 1932, vor. Der Autor, ein Urenkel Wentkers, gibt darin einen Überblick über die Biografie des Sozialdemokraten und Wandsbeker Kommunalpolitikers, der 1923 als "Quereinsteiger" in die preußische Polizeiverwaltung übernommen wurde. Seit 1927 war Wentker am Aufbau des Polizeipräsidiums Harburg-Wilhelmsburg, das für die Regierungsbezirke Lüneburg und Stade zuständig war, maßgeblich beteiligt. Der Beitrag behandelt insbesondere die Zeit der Wahlkämpfe in den Jahren 1928 bis 1932 und die zunehmend gewalttätigen politischen Auseinandersetzungen in der Endphase der Weimarer Republik. Wentker nutzte seine polizeilichen Mittel zur Überwachung der NSDAP und der KPD und setzte sich für Rede- und Demonstrationsverbote ein. Als politisch Verantwortlicher war er zahlreichen Angriffen ausgesetzt, die besonders die Spaltung zwischen SPD und KPD deutlich machen. Der eskalierte Verlauf eines NSDAP-Wahlkampfzuges durch Altona am 17. Juli 1932 mit insgesamt 18 Toten (sogenannter "Altonaer Blutsonntag") gab der national-konservativen Reichsregierung unter Franz von Papen den Anlass, die sozialdemokratisch geführte preußische Minderheitsregierung absetzen zu lassen (sogenannter "Preußenschlag "). In der Folge begann die Entlassung zahlreicher republikanischer Beamter, unter ihnen auch Erich Wentker, als Auftakt der schrittweisen Machtübergabe von Schlüsselpositionen des preußischen Staatsapparats an die Nationalsozialisten.
Die reibungslose Integration der Hamburger Ordnungs- und Schutzpolizei in den Machtapparat der Nationalsozialisten 1933 kann aus der Geschichte dieser Polizei in der Weimarer Republik, in der sie 1919 aus aufgelösten Reichswehr- und Freikorpsverbänden hervorgegangen war, erklärt werden. Wenige Wochen nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten stellte die Ordnungspolizei die Wachmannschaft eines der frühen Konzentrationslager und beteiligte sich unter anderem mit dem "Kommando zur besonderen Verwendung " an der Verfolgung politischer Gegnerinnen und Gegner des Nationalsozialismus. Während des Zweiten Weltkrieges waren Einheiten dieser Polizei in den besetzten Ländern am Völkermord beteiligt. Nach Kriegsende versuchte die britische Militärregierung, im Rahmen einer umfassenden Entnazifizierung einen radikalen Neuanfang der Polizei zu erreichen. Durch den Hamburger Senat wurden ab 1947 jedoch in Anlehnung an Polizeikonzepte der Weimarer Republik überkommene Strukturen restauriert. Hinzu kam die Wiedereinstellung von Polizeibeamten, die im Zuge der Entnazifizierung entlassen worden waren. In der Fachliteratur wird daher von einer "verschenkten Reform" (Erwin B. Boldt) gesprochen.
Die Beteiligung von Angehörigen der deutschen Polizei an den Evakuierungstransporten und "Todesmärschen" aus den nationalsozialistischen Konzentrationslagern ist bisher kaum detailliert untersucht worden. Anhand der Ermittlungs- und Verfahrensakten zum Prozess gegen den SS-Oberscharführer Hermann Kleemann vor dem Landgericht Itzehoe im Jahr 1951 wird dies exemplarisch am Beispiel Brunsbüttelkoog dargestellt. Als im April 1945 ein Güterzug mit mehreren Tausend Häftlingen aus Außenlagern des KZ Mittelbau-Dora für eine Nacht in Brunsbüttelkoog im Südosten des Kreises Süderdithmarschen in Schleswig-Holstein "gestrandet" war, waren neben den SS-Wachmannschaften auch Einheimische an der Bewachung des Zuges beteiligt: Angehörige des Volkssturms, der (Luft-)Schutzpolizei sowie der Gendarmerie. Anhand von Zeugenvernehmungen wird die Involvierung der Polizisten in das Geschehen vor Ort untersucht. In den Blick genommen werden neben dem konkreten Handeln der Polizisten und dem Verhältnis zwischen Polizei, SS-Wachmannschaften und KZ-Häftlingen auch diskursanalytische Aspekte: Strategien der Selbstentlastung sowie die Wahrnehmung des Handelns der Polizisten durch Zeugen, Ermittler, Staatsanwälte und Richter.
Der Novemberpogrom 1938 bildete einen entscheidenden Radikalisierungsschritt der antijüdischen Politik des NS-Staates, deren Endpunkt der Genozid am europäischen Judentum mit etwa 6 Millionen Opfern war. In der zeithistorischen Forschung zum Pogrom 1938, hier im Fokus das Niederbrennen von Synagogen, steht die Beteiligung der SA und das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt. Die Rolle der Feuerwehren, die zum damaligen Zeitpunkt schon in die von Kurt Daluege geführte Ordnungspolizei eingegliedert waren, wird meist nur am Rande erwähnt. Der Beitrag analysiert anhand ausgewählter Tatorte aus dem nordwestdeutschen Raum die Art der Mitwirkung, aber auch Versuche der Resistenz und des Eigensinns der Angehörigen der Feuerwehren bei Niederbrennungsaktionen von Synagogen während des Novemberpogroms 1938. Zuvor wird die Entwicklung des Feuerwehrwesens im Nationalsozialismus und seine Eingliederung in das Hauptamt Ordnungspolizei mit den Analysekategorien der Zentralisierung, Ideologisierung und Militarisierung skizziert. Ohne die systematische Einbindung der Feuerwehren in den arbeitsteiligen Prozess der Pogromdurchführung, so die These des Beitrags, wäre das koordinierte reichsweite Niederbrennen von Synagogen in Innenstädten nicht möglich gewesen. Die Feuerwehren agierten als integraler institutioneller Teil des Täterkollektivs und konterkarierten so den Berufs- und Ehrenkodex der Feuerwehr. Der traditionelle Leitspruch der Feuerwehr - "Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr", ein Helfen und Löschen als "Freund und Helfer" - war fortan auch unter ein rassenideologisches Primat gestellt.
Am Beispiel der Kriminalpolizeistelle Flensburg wird die Entwicklung der "Verbrechensverfolgung " im NS-Staat dargestellt. Dabei wird festgestellt, dass die kriminalpolizeiliche Arbeit im Bereich der sogenannten "Verbrechensverfolgung " direkt zu Beginn der NS-Herrschaft Vorgaben unterworfen wurde, die zu einer an politischen Zielvorgaben orientierten Schwerpunktkriminalitätsbekämpfung führten. Am Beispiel der Urteile des Sondergerichts in Flensburg werden die nach Kriegsbeginn verschärften Sanktionsinstrumente dargestellt. Hier führte die Kriminalpolizei in der "Verbrechensverfolgung" entweder Delinquenten dem hart urteilenden Sondergericht zu oder löste Maßnahmen der "vorbeugenden Verbrechensbekämpfung" aus. Die Aufspaltung der kriminalpolizeilichen Arbeit in "Verbrechensverfolgung" und "Verbrechensvorbeugung " trennte also nicht etwa eine "unrechtmäßige " Polizeiarbeit von einer an rechtsstaatlichen Normen orientierten Polizeiarbeit.
Wenige Monate nach der nationalsozialistischen Machtübernahme erhielt die Kriminalpolizei mit der "Vorbeugehaft" ein neues Machtinstrument. Ab dem 13. November 1933 konnte sie in Preußen Personen, die vorbestraft waren, gegen die aber kein aktuelles Strafverfahren vorlag, in Konzentrationslager einweisen. Mit dieser Praxis, die mit der Zentralisierung der Kriminalpolizei ab 1936 reichsweit vereinheitlicht wurde, erhielt das KZ-System bereits Ende 1933 eine sozialrassistische Komponente. In den folgenden Jahren avancierte "Vorbeugehaft" neben der "Schutzhaft " zum zentralen Terrorinstrument des nationalsozialistischen Staates. Für etwa 70000 Menschen bedeutete dies jahrelange Haft in Konzentrationslagern; mindestens die Hälfte von ihnen überlebte die Haft nicht. Reichsweit wie in Hamburg verfolgte die Kriminalpolizei im Rahmen der "vorbeugenden Verbrechensbekämpfung " Homosexuelle, sogenannte "Asoziale", Sinti und Roma sowie sogenannte "Berufsverbrecher", deren Schicksale bislang am wenigsten erforscht sind. Nach Kriegsende setzte sich die Stigmatisierung vielfach fort; so sahen sich Hamburger Sinti und Roma mit denselben Beamten konfrontiert, die sie in Konzentrationslager eingewiesen hatten. Auch die Teilnahme an der Repression gegen "Berufsverbrecher " war kein Hinderungsgrund für die Wiedereinstellung von Polizeibeamten in Hamburg. Der Beitrag stellt beispielhaft Täter und Opfer vor.
"Die Frau soll der Frau helfen!" Dieses Motto galt als Grundidee für die Entwicklung weiblicher Polizei. Die weibliche Reformpolizei der Weimarer Republik wurde jedoch ohne nennenswerten Widerstand im "Dritten Reich" mit einem veränderten Auftrag in das NS-Gewaltsystem eingebunden. Es wurden "frauliche Sonderaufgaben" innerhalb der Polizei formuliert, die nun nicht mehr auf den Schutz der Einzelperson, sondern auf den "Nutzen des Volksganzen" ausgerichtet waren. Nach 1945 griffen die Beamtinnen wieder auf Leitbilder aus der Weimarer Zeit zurück, wobei der Reformgedanke allerdings deutlich in den Hintergrund trat. Aus der "sozialen Polizei" der 1920er-Jahre mit einem umfassenden Reformanspruch wurde eine "sozialpädagogische " Polizei mit dem Fokus auf Kindern und Jugendlichen. In dem Aufsatz werden - mit einem Schwerpunkt auf Hamburg − Brüche und Kontinuitäten im Auftrag wie in der Praxis der weiblichen Polizei dargestellt. Im Vordergrund stehen dabei zum einen die Fragen, welche Bedeutung eine weibliche Polizei für die unterschiedlichen politischen Systeme hatte und welches berufliche Leitbild jeweils formuliert wurde, und zum anderen, wie weit die Beamtinnen in das NS-Gewaltsystem eingebunden waren und wie sie nach Kriegsende mit ihrer NS-Vergangenheit umgingen.
Die Politischen Abteilungen besaßen eine Sonderstellung im KZ-System und sind bislang kaum vergleichend erforscht worden. Eine Ursache hierfür ist die komplexe Arbeitsteilung zwischen Lager-SS und Sicherheitspolizei, die es den meisten Beteiligten nach Kriegsende ermöglichte, ihre Verantwortung zu minimieren und zu vertuschen. Die Politische Abteilung (Abteilung II) in den KZ-Lagerverwaltungen bildete insofern eine Besonderheit, als dass sie fachlich dauerhaft dem Geheimen Staatspolizeiamt (Gestapa) bzw. Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unterstand. Die Polizeibeamten der Politischen Abteilung wurden nicht nur von der Staats-, sondern auch von der Kriminalpolizei in die Konzentrationslager kommandiert, nicht aber versetzt. Damit gehörten sie formal weiterhin ihrer bisherigen Polizeidienststelle an. Disziplinarisch unterstanden sie dem jeweiligen Lagerkommandanten. Die Gesamtzahl war mit 37 Abteilungsleitern gering, da in den Lagerneugründungen in den besetzten Gebieten (bis auf Lublin und Herzogenbusch) ab 1943 die örtlichen Dienststellen der Kommandeure der Sicherheitspolizei (KdS) diese Aufgabe übernahmen. Dagegen waren die in der Abteilung II eingesetzten SS-Männer und weiblichen Zivilangestellten entweder Angehörige des Kommandanturstabs oder zur Dienstleistung von der SS-Wachtruppe kommandiert. Sie stellten mit über 90% das Gros der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, verwalteten die Häftlingskartei und die Sterbebücher und "ermittelten" bei "unnatürlichen Todesfällen". In ihren Funktionen trugen sie maßgeblich zur Verschleierung der tatsächlichen Todesursachen bei. Darüber hinaus nahmen Abteilungsleiter wie subalterne Dienstgrade aktiv an Häftlingstötungen teil. Vor allem aus den Unterabteilungen Standesamt II und Krematorium rekrutierte sich ein Kern von Vernichtungsspezialisten, die fortgesetzt bei Massentötungen und Exekutionen zum Einsatz kamen. Insgesamt erfolgte die Zusammenarbeit zwischen SS und Polizei in "gutem Einvernehmen". Die Inkorporation der Polizeibeamten in das KZ-System geschah meist reibungslos, sie waren trotz ihres Status - bis auf wenige Konflikte bei Korruptionsermittlungen des Reichskriminalpolizeiamtes (RKPA) gegen Angehörige der Lager-SS - keine Außenseiter im Lagerpersonal.
Der Beitrag untersucht eine reichsweite Polizeimaßnahme, mit der das NS-Regime den imperialistischen Raub- und Vernichtungskrieg innenpolitisch vorbereitete und absicherte. Unmittelbar vor dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 wurden in Deutschland zahlreiche Regime- und Kriegsgegner festgenommen und in Konzentrationslager überführt. Die davon betroffenen Männer und Frauen waren zuvor in der sogenannten "A-Kartei" der Geheimen Staatspolizei erfasst worden. Über das Ausmaß der damals vorgenommenen KZ-Einweisungen finden sich in der bisherigen Literatur nur recht vage und in der Höhe deutlich voneinander abweichende Angaben. Der Verfasser rekonstruiert den Ablauf und das Ausmaß der "A-Kartei-Aktion" zunächst auf der Basis der daran beteiligten Gestapostellen. Die dabei gewonnenen Ergebnisse werden auf Grundlage von Überlieferungen der für die "A-Kartei-Aktion" genutzten Konzentrationslager verifiziert, sodass erstmals gesicherte Angaben gemacht werden können. Bei der historischen Einordnung wird besonderes Augenmerk auf die frühzeitig einsetzende Kooperation zwischen Polizeiapparat und Militär gelegt.
Der Beitrag ergänzt die wenigen bisher vorliegenden Darstellungen über den Einsatz von V-Leuten der Gestapo um ein Beispiel aus Norddeutschland. Der im Sachgebiet "Kommunismus" der Hamburger Gestapo eingesetzte Kriminalsekretär Henry Helms setzte zur Verfolgung des Widerstands V-Leute aus dem kommunistisch geprägten Arbeitermilieu ein. Unter der Tarnung eines Lesemappenvertriebs und einer Leihbibliothek, die er von V-Leuten betreiben ließ, überwachte er Hunderte Personen. Hierfür wurde eigens eine als Übersetzungsbüro getarnte Nachrichtenzentrale eingerichtet, in der ausschließlich V-Leute arbeiteten und Karteien mit den Daten der Überwachten führten. Leiter dieser inoffiziellen Gestapoaußenstelle war der V-Mann Alfons Pannek, dem die Gestapo eine Sekretärin zur Verfügung stellte. Alfons Pannek, der als Agent Provocateur vorgab, Widerstand zu organisieren, veranlasste zahlreiche Verhaftungen und verhalf so Henry Helms zur dessen wesentlichen "Erfolgen".
Der Blick auf die weiblichen Angestellten der Gestapo ermöglicht es, die Mitarbeit von Frauen als Büro- und Verwaltungskräfte im NS-Verfolgungsapparat näher zu bestimmen. Weibliche Angestellte gehörten von Beginn an zu den Beschäftigten der Gestapo; während des Zweiten Weltkrieges stellten sie einen beträchtlichen Teil des Gestapopersonals. Sie arbeiteten zwar nur in untergeordneten Positionen, hatten aber ihren festen Platz in einer "kämpfenden Verwaltung " (Heydrich), die ohne sie nicht funktioniert hätte. Der Aufsatz zeigt das Spektrum der Tätigkeiten von weiblichen Angestellten bei der Gestapo an ihrem "auswärtigen Einsatz" in den besetzten Ländern, der Mitwirkung an den Deportationen der jüdischen Bevölkerung und der Arbeit in den Haftstätten der Gestapo. An zwei Berufsbiografien wird die Personalpolitik der SS- und Polizeiführung gegenüber den weiblichen Angestellten von Sicherheitspolizei und SD veranschaulicht. Ein wesentlicher Aspekt der Personalpolitik waren die Bemühungen um eine weltanschauliche Formierung durch einen Befehls Himmlers, nach dem alle weiblichen Angestellten eine Heirat beim SS-Rasse- und Siedlungshauptamt genehmigen lassen mussten, und durch die Einführung einer "Auslese" nach weltanschaulichen, rassenbiologischen und fachlichen Kriterien in den letzten Kriegsjahren.
Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen prägten das Erscheinungsbild beinahe jeder Stadt im Deutschen Reich während des Zweiten Weltkrieges. Millionen von ihnen befanden sich innerhalb und außerhalb ihrer Lager im Arbeitseinsatz - bewacht von Wehrmacht, SS, Landesschützen, Hilfspolizei, Gendarmerie und Werkschutz. Ein komplexes System von Organisationen war im Laufe des Krieges mit ihrer Bewachung, der Verhinderung von Fluchten und der Fahndung nach Flüchtigen beschäftigt. Trotz des Einsatzes von etwa 1,5 Millionen Männern in diesem System gelang allein im Reichsgebiet etwa 250 000 Kriegsgefangenen erfolgreich die Flucht. Daher wurde im Frühjahr bzw. Herbst 1942 die Stadt- und Landwacht aufgestellt, die fortan für die Fahndung nach flüchtigen Kriegsgefangenen zuständig war. Gemeinsam mit unterstützenden Wehrmacht- und Polizeieinheiten fahndeten laufend Zehntausende Angehörige der Stadt- und Landwacht nach den Flüchtigen und blieben dabei ihren eigentlichen Arbeitsplätzen fern. Die Gefahr, die in den flüchtigen Kriegsgefangenen gesehen wurde, machte sich Himmler zunutze, um seine Macht in sicherheitsrelevanten Fragen ab 1942 immer weiter auszuweiten. Er erlangte dabei nicht nur immer mehr Einfluss bei Hitler, sondern verdrängte die Wehrmacht in der zweiten Kriegshälfte zunehmend aus einem ihrer zentralen Aufgabenbereiche an der "Heimatfront", der sicheren Verwahrung der Kriegsgefangenen.
Die Polizeiverwaltung der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Glückstadt mit ihren sechs exekutiv tätigen Mitarbeitern war der entscheidende Machtfaktor, der die NS-Herrschaft am Ort durchgesetzt hat. Die Polizeibeamten nahmen Hausdurchsuchungen bei politischen Gegnerinnen und Gegnern und den mit ihnen verbundenen Organisationen vor und beschlagnahmten deren Vermögen. Das Anfang April 1933 eingerichtete Konzentrationslager Glückstadt wurde von zwei Altonaer Polizeibeamten geführt und von staatlichen Hilfspolizisten aus SA und SS bewacht. Die 731 Häftlinge waren zumeist örtliche Funktionäre von KPD, SPD, Gewerkschaften und anderen politischen Verbänden aus ganz Schleswig- Holstein. Die Einweisungen in das KZ Glückstadt, Entlassungen von Häftlingen und auch die Auflösung des Lagers im Februar 1934 verfügte der Landrat in Itzehoe als Kreispolizeibehörde. Die Glückstädter Polizei setzte nicht nur die nationalsozialistischen Bestimmungen zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit um - zwei Frauen wurden wegen Kritik an Hitler und seiner Politik vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt. Zwei Wäschediebe wurden nach Ermittlungen der Glückstädter Polizei auf der Grundlage der "Volksschädlingsverordnung" mit dem Tode bestraft. Auch an der sozialrassistischen Verfolgung bestimmter Bevölkerungsgruppen war die Glückstädter Polizei beteiligt. Sie lieferte persönliche Angaben zu 21 Männern, die sie der Homosexualität verdächtigte, für die Erfassung in einer reichsweiten polizeilichen Fahndungskartei. Im Februar 1945 wurde die Glückstädterin Minna Petersen als Jüdin festgenommen und der Gestapo in Hamburg übergeben, von wo sie in das KZ Theresienstadt deportiert wurde. Eine der Hauptaufgaben der Glückstädter Polizei war ab 1942 die Überwachung und Reglementierung von ca. 1000 Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen. Selbst in einer Kleinstadt wie Glückstadt lässt sich so die vielfältige Verstrickung der Polizei in nationalsozialistische Unrechtsmaßnahmen zeigen.
Der Beitrag beschäftigt sich mit der "zweiten " Karriere des Hamburger Polizeibeamten und SS-Mitglieds Julius Wohlauf (1913-2002), dem 1955 die Rückkehr in den Polizeidienst gelang. Hierzu wurden erstmals die Personalakte der Hamburger Polizei und der private Nachlass der Familie ausgewertet. Wohlaufs Tätigkeit als Führer der 1. Kompanie des Reserve- Polizeibataillons 101 bei der Ermordung von Jüdinnen und Juden in Polen 1942 war bereits Gegenstand der Studie "Ganz normale Männer" von Christopher Browning und der Goldhagen-Kontroverse in den 1990er-Jahren. Seine "zweite" Karriere bei der Hamburger Polizei, bei der er bis zum Abteilungsleiter für Verkehrssicherheit und Verkehrserziehung aufstieg, findet erst in letzter Zeit stärkere Beachtung. Wohlaufs Nachkriegskarriere endete 1963 abrupt durch Dienstenthebung, Untersuchungshaft und Gerichtsverfahren. 1968 wurde er wegen Beihilfe zum Mord an 9200 Menschen zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Bis zu seinem Tod sah Wohlauf sich selbst als Opfer der bundesrepublikanischen Justiz und fühlte sich zu Unrecht verurteilt.