24.04.2023 Nachricht
Wir trauern um Pastor Jürgen Köhler, der sich seit den 1980er Jahren und weit über seinen Eintritt in den Ruhestand hinaus für eine würdige Erinnerung an die Opfer des KZ Neuengamme eingesetzt hat.
Als Jürgen Köhler 1969 seinen Dienst als Pastor in St. Johannis Neuengamme antrat, wusste er, so sagte er später, noch nichts von einem früheren KZ auf Neuengammer Gebiet. Doch als er dies realisierte, begann eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes. Als Vorbild diente ihm dabei die Kirchengemeinde in Ladelund, einem Ort, in dem es ein Außenlager des KZ Neuengamme gegeben hat. Dort hatte man sich bereits mit der eigenen Geschichte auseinandergesetzt und intensive Begegnungsprojekte mit dem Ort Putten in den Niederlanden, aus dem viele der in das Außenlager Ladelund deportierten Männer kamen, organisiert.
Eines der zentralen Anliegen von Pastor Köhler war es, in zahllosen Begegnungen Versöhnung zu suchen. Er hat sich intensiv für die Kirchliche Gedenkstättenarbeit eingesetzt und wesentlich dazu beigetragen, dass eine Pfarrstelle für diese Arbeit eingerichtet wurde. Von 1992 bis Ende 1998 war er der erste Pastor für die Kirchliche Gedenkstättenarbeit an der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Von Jürgen Köhler ging die Initiative zur Gründung des Arbeitskreises Kirchliche Gedenkstättenarbeit aus. Die Kirchliche Gedenkstättenarbeit hat den Aspekt der Begegnung vor allem durch die Organisation der sonntäglichen Gesprächsangebote in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme eingebracht. Auch die Führungen von Ehrenamtlichen des ökumenischen Arbeitskreises, jeden Sonntag in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, finden bis heute statt. Inzwischen ist der Nach-Nachfolger von Jürgen Köhler als Pastor für Kirchliche Gedenkstättenarbeit tätig.
Pastor Köhler hatte sich seit den 1980er Jahren dafür eingesetzt, dass der Ort, an dem sich unsägliches Leid zugetragen hat, zu einem lebendigen Ort des Lernens und Gedenkens wurde. „Wir haben gelernt,“ so schrieb Köhler, „dass wir Vergangenheit nur bewältigen können, wenn wir in der Gegenwart etwas tun.“
Als Seelsorger hat er mitgetrauert, mitgefühlt und Angehörige ins „Haus des Gedenkens“ begleitet, in dem sie die Namen ihrer im KZ ermordeten Verwandten fanden. Für einen Ort des stillen Gedenkens hatte sich die Neuengammer Kirchengemeinde eingesetzt. Jürgen Köhler hat auch Menschen seelsorgerisch begleitet, die zwischen 1938 und 1945 in der unmittelbaren Nachbarschaft des größten norddeutschen Konzentrationslagers bedrückende Erfahrungen gemacht und manchmal auch persönliche Schuld auf sich geladen hatten.
Für die langjährige Begleitung und Unterstützung der Arbeit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme sagen wir Dank.
Pastor Köhler ist am 16. April 2023 verstorben. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.