23.05.2025 Bericht

Mémoire à quatre voix – ein Krieg, vier Stimmen gegen das Vergessen und für den Dialog

Yvonne Cossu-Alba und Jean-Michel Gaussot, beides Kinder französischer Widerstandskämpfer, führen seit ca. 10 Jahren mit Barbara Brix und Ulrich Gantz, zwei Kindern deutscher Täter, öffentlich einen ehrlichen Dialog über die Geschichte ihrer Väter und eine gemeinsame Erinnerung an die NS-Verbrechen. Am 6. Mai 2025 traten sie im Rahmen des Gedenkens an 80 Jahre Befreiung zum letzten Mal zusammen auf.

Gemeinsames Engagement für die Erinnerung

Die Freund*innen lernten sich in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme kennen. In Deutschland wie im Ausland erzählten sie die Geschichten ihrer Väter, aber auch die ihrer Freundschaft, um ihre Zuhörer*innen zum Kampf gegen das Wiedererstarken neofaschistischer und nationalistischer Bewegungen zu motivieren. Die vier Stimmen der Erinnerung vereint der Wille, Verantwortung zu übernehmen und die Erinnerung an die NS-Verbrechen wachzuhalten, um daraus für das eigene Handeln in der gegenwärtigen Gesellschaft ganz persönliche Schlussfolgerungen zu ziehen.

Kennenlernen mit Verfolgten- und Täterfamilienhintergründen

Die Väter von Jean-Michel Gaussot und von Yvonne Cossu wurden 1944 ins KZ-Neuengamme deportiert, beide Väter überlebten die wenigen Monate ihrer KZ-Haft nicht. Yvonne Cossu-Alba und Jean-Michel Gaussot wuchsen ohne Väter auf in Familien, die trauerten, die den schmerzhaften Verlust kaum verarbeiten konnten. Über ihre Väter und deren Einfluss auf ihr eigenes Leben haben beide berührend berichtet und publiziert. Für die Kinder von Verfolgten war und ist es aufgrund ihrer Familiengeschichte nicht leicht, Kindern von NS-Tätern zu begegnen. Oft waren und sind sie konfrontiert mit fehlender Empathie und mangelnder Einsicht in das, was die deutschen NS-Täter ihren Verwandten angetan haben. Nur wenige Nachkommen von Nazi-Tätern waren und sind bereit, über die Schuld ihrer Vorfahren zu sprechen. Dazu gehören Barbara Brix und Ulrich Gantz, die seit 2010 zu ihrer Familiengeschichte recherchiert haben.

Ein letzter gemeinsamer Auftritt

Am 6. Mai 2025 berichteten die vier unter Moderation des Journalisten und Schriftstellers Martin Doerry, was die Geschichte ihrer Eltern für ihr eigenes Denken und Handeln bedeutet. Eindrücklich erzählten sie, dass gerade ihre Freundschaft und die einfache Tatsache, zusammen aufzutreten, eine der Hauptbotschaften ihrer Auftritte sei – und gleichzeitig ein Aufruf, sich auch heute gegen Rechtsextremismus zu solidarisieren.

Die von der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte in Kooperation mit den Bücherhallen Hamburg, dem Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der Woche des Gedenkens Hamburg-Mitte ausgerichtete Veranstaltung war mit 150 Menschen sehr gut besucht.

Der Dialog Mémoire à quatre voix liegt als DVD vor. Die dreisprachige Fassung ist über den Shop bestellbar: Mémoire à quatre voix

Kleiner Bericht einer teilnehmenden Jugendgruppe: Bericht