29.10.2021 Veranstaltung
Am 21. Oktober 2021 feierte die KZ-Gedenkstätte den 40. Jahrestag der Eröffnung der ersten Ausstellung am Ort des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme mit einer Veranstaltung im Museum für Hamburgische Geschichte.
Vor 40 Jahren, am 18. Oktober 1981, wurde am Rande des einstigen KZ Neuengamme, das damals noch als Gefängnisstandort genutzt wurde, das „Dokumentenhaus Neuengamme“ eröffnet. Damit verfügte der historische Ort nun erstmals über eine Ausstellung, in der sich Besucher*innen über dessen Geschichte informieren konnten. Zugleich begann eine rege Forschungs-, Bildungs- und Vernetzungstätigkeit, von der die Gedenkstätte noch heute profitiert.
Nachdem die Leiterin des Museums für Hamburgische Geschichte, Prof. Bettina Probst, den Abend eröffnet hatte, führte Dr. Oliver von Wrochem, Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, in das Programm ein. Er erinnerte daran, dass Gedenkstätten keine Selbstverständlichkeit sind, sondern von Überlebenden und Initiativen mühsam erkämpft werden mussten. Gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen müssten sie weiter bewahrt und für die Zukunft ausgebaut werden.
Die Senatorin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Dr. Dorothee Stapelfeldt, hob in ihrem Grußwort die Bedeutung des aktiven Erinnerns auch nach der Ära der Zeitzeug*innen hervor. Sie dankte allen, die sich für das „Dokumentenhaus“ und damit für die Entstehung einer lebendigen Gedenkstätte eingesetzt haben. Insbesondere würdigte sie dabei die Überlebenden und ihre Angehörigen. Anschließend verwies Prof. Dr. Hans-Jörg Czech, der Vorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg, auf den aktuellen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus und betonte, dass die Dokumentation der NS-Verbrechen weiterhin unabdingbar sei.
Daraufhin zeigte Dr. Jürgen Kinter (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) Filmaufnahmen von der Eröffnung des „Dokumentenhauses“. In den Statements der Überlebenden, die damals zugegen waren, wurde deutlich, wie „nah“ die Vergangenheit 1981 noch war. Anschließend skizzierte Cornelia Siebeck (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) die Bedeutung des „Dokumentenhauses“ für die Entstehung der Hamburger Erinnerungslandschaft. Siebeck zeichnete den Entwicklungsprozess der Gedenkstätte nach: Von dem frühen Engagement der Überlebenden für ein erstes Denkmal am Rande des ehemaligen KZ-Geländes 1953 und die Errichtung eines Internationalen Mahnmals 1965 über das zunehmende Engagement auch lokaler Erinnerungsaktivist*innen seit Mitte der 1970er-Jahre bis hin zum Abriss der beiden Justizvollzugsanstalten, die die Entstehung der heutigen Gedenkstätte ermöglichten. Überdies legte sie dar, wie vom „Dokumentenhaus“ aus weitere Orte der NS-Verbrechen in Hamburg und Norddeutschland markiert und erschlossen wurden.
Abschließend moderierten Sebastian Beer und Lennart Onken (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) ein Podiumsgespräch mit Prof. Dr. Ludwig Eiber, PD Dr. Hermann Kaienburg, Carmen Lange und Sigrid Pach. Sigrid Pach hatte beim Landesjugendring seit den späten 1970er Jahren Alternative Stadtrundfahrten zu den Orten der Hamburger NS-Vergangenheit organisiert. Sie berichtete, wie die zuvor vor allem im Umfeld der VVN gepflegten Erinnerung an die lokalen NS-Verbrechen so aus einer vermeintlich „kommunistischen Schmuddelecke“ in eine breitere Öffentlichkeit getragen wurde. Carmen Lange erzählte von ihrem Engagement in der Initiative Dokumentationsstätte Neuengamme (INDONEU): Die Geschichte der KZ-Gedenkstätte Neuengamme sei eine Erfolgsgeschichte bürgerschaftlichen Engagements. Hermann Kaienburg, der die INDONEU 1979 mitbegründet hatte, schilderte den langen Kampf um das „Dokumentenhaus“ und erinnerte an dessen mangelnde personelle und materielle Ausstattung.
Ludwig Eiber schließlich betonte seine Bemühungen, das überbaute Häftlingslager in den Fokus zu rücken und die über 85 Außenlager des KZ Neuengamme sichtbar zu machen. Hier verwies er insbesondere auf die Bedeutung des 1982 angelegten Rundwegs um das ehemalige KZ-Gelände. Erstmals sei für Besucher*innen nun das gesamte Lagergelände wahrnehmbar gewesen, was zu einer wachsenden Irritation über dessen Nachnutzung als Gefängnisstandort geführt habe.
Der mit etwa 100 Gästen gut besuchte Abend klang bei einem gemeinsamen Imbiss und regen Gesprächen über die damalige und heutige Gedenkstätte aus.
Text: Hannah Diwiak
Hinweis: Begleitung der Veranstaltung mit Kurzstatements zur Bedeutung der Eröffnung des Dokumentenhauses auf Instagram und Facebook.
Zitat im Titel: Walter J. M. Bunsmann (1928-2017), Architekt des „Dokumentenhaus Neuengamme“