23.11.2016 Projekt
Das Forschungsprojekt „Militärjustiz und Stadt im Krieg. Die Gerichte der Ersatzheers in Hamburg und Norddeutschland 1939-1945: Spruchtätigkeit, Strafvollstreckung, Akteure“ von Dr. Claudia Bade behandelt die Wehrmachtjustiz in Hamburg im Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum stehen die Spruchtätigkeit und die Strafvollstreckung zweier Hamburger Heeresgerichte, anhand derer Schicksale von Opfern der NS-Militärjustiz und die Karrierewege vor allem von Wehrmachtrichtern nachvollzogen werden sollen.
Das auf zweieinhalb Jahre (2016-2018) angelegte Projekt ist von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur finanziert und beim Studienzentrum der KZ-Gedenkstätte Neuengamme angesiedelt. Dr. Claudia Bade wird die wissenschaftlichen Ergebnisse ihres Projektes in einer Publikation veröffentlichen.
Das Forschungsprojekt möchte Spruchpraxis und Strafvollstreckung der Heeresjustiz in Hamburg sowie die Schicksale von Opfern der NS-Militärjustiz und die Karrierewege von Tätern untersuchen. Dabei interessiert, inwiefern sich die Aktivitäten der Wehrmachtjustiz nicht nur auf Wehrmachtsoldaten und Kriegsgefangene, sondern auch auf zivile Akteure in der Stadt auswirkten bzw., auf welche Weise die Wehrmachtjustiz mit anderen NS-Institutionen zusammen arbeitete. Wichtigste Fragestellung ist mithin, wie sich das Zusammenspiel von Akteuren der Wehrmacht, des NS-Staates und der Zivilbevölkerung in Hamburg in einer Zeit der sich auflösenden Grenzen zwischen Front und „Heimatfront“ gestaltete. Grundlage wird die Untersuchung der Gerichtstätigkeit eines Gerichtes des Ersatzheers unter vier schwerpunktmäßigen Fragestellungen sein:
Insgesamt soll gezeigt werden, dass die Verquickungen zwischen Wehrmacht und anderen Verfolgungsorganen des NS-Regimes auch an der „Heimatfront“ größer waren als bisher angenommen. Auch die Wehrmachtjustiz hatte einen erheblichen Anteil an der Formierung der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ durch Exklusion als „gemeinschaftsfremd“ stigmatisierter Menschen. Urteile gegen diese waren immer auch als Abschreckung für die übrigen Soldaten mitgemeint, aber ebenso für die Zivilbevölkerung. Erst so konnte die „Wehrgemeinschaft“ glaubhaft konstruiert werden.