19.10.2018 Zeitzeugengespräch
Kurz nach seiner Befreiung aus dem KZ Neuengamme schrieb Aage Jørgensen 1945 das während seiner Inhaftierung Erlebte auf. Gut 40 Jahre blieben die Notizen ungelesen, bis sie wieder hervorgeholt wurden. Am Freitag besuchte der Überlebende zusammen mit seinem Sohn und einem kanadischen Filmteam die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Der heute in Kanada lebende Däne war 1944 in Kopenhagen als Widerstandskämpfer verhaftet und in das KZ Dachau, später in das KZ Neuengamme gebracht worden. Bis zur Befreiung 1945 war er Häftling des so genannten "Skandinavierlagers". Aktuell wird eine Dokumentation über sein Leben gedreht.
Als junger Mann war der heute 93-Jährige beim dänischen Widerstand und kämpfte gegen die deutschen Besatzer, bis er im Februar 1944 gefangen genommen und in das Konzentrationslager Dachau deportiert wurde.
Ein Jahr später erreichte der Vizepräsident des Schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadotte im Gespräch mit Heinrich Himmler die Zusammenführung aller norwegischen und dänischen Inhaftierten in das KZ Neuengamme, wo sich die Lebensbedingungen für die Skandinavier zunehmend besserten. Durch den Zutritt des Roten Kreuzes in das vom restlichen Konzentrationslager separierten "Skandinavierlager" bekamen die Häftlinge Zugang zu materiellen und medizinischen Hilfen wie Medikamenten, Verbandszeug oder Hygieneartikeln.
Nach einem Besuch Bernadottes am 30. März 1945 stieg die Hoffnung der skandinavischen Häftlinge auf eine baldige Befreiung. Unter ihnen war auch Aage Jørgensen, der nach eigenen Angaben nicht nur Bernadotte selber getroffen hat, sondern auch im letzten der "Weißen Busse" aus dem KZ Neuengamme nach Dänemark in die Freiheit gebracht wurde.
Gleich nach seiner Befreiung schrieb der 19-jährige seine Erlebnisse nieder und hoffte so, das Geschehene zu verarbeiten und einen neuen Start ins Leben zu schaffen, indem er sich von den Erinnerungen befreite. Erst 40 Jahre später, inzwischen in Kanada lebend, holte er die auf dänisch verfassten 50 Seiten wieder hervor und übersetzte sie ins Englische. Dies wiederum fand sein Neffe, der, beeindruckt von der Unmittelbarkeit der Notizen, beschloss, dass das Leben Jørgensens in einem Film dokumentiert werden müsse - darunter die Erlebnisse während des Krieges, aber auch der Umgang mit dem Erlebten nach der Befreiung.
Am Freitag besuchte Peter Aage Jørgensen in Begleitung eines internationalen Filmteams für den Dreh dieser Dokumentation zu seinem Leben die KZ-Gedenkstätte Neuengamme.