28.11.2024 Nachricht
Wer erinnert sich an was und warum? Warum sind geschichtliche Ereignisse auch für uns heute noch relevant? Ein neues digitales Game ermöglicht es Schülerinnen und Schülern Bezüge herzustellen zwischen der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und ihrem eigenen Erleben der Gegenwart.
„Was hat Geschichte mit mir zu tun?“ Das ist eine Frage, die sich Jugendliche heute stellen. Durch ein ungewöhnliches Medium werden Antworten hierauf ab heute innovativ und unmittelbar ergänzt: Das Digital Remembrance Game „Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm“ wurde entwickelt von der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte und Paintbucket Games mit Unterstützung der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm e.V. und unter Förderung der Alfred Landecker Foundation.
Das Game versetzt die Spielenden in die Perspektive von Schülerinnen und Schülern der Schule Bullenhuser Damm um 1979. Gemeinsam werden Spuren entdeckt, die in die NS-Vergangenheit führen und über Geschichte und Erinnerung nachdenken lässt. Durch die Interaktion mit anderen Figuren und die Integration verschiedener Zeitebenen entsteht für die Spielerinnen und Spieler ein individuelles Erinnerungsnarrativ aus einer persönlichen Perspektive. „Erinnern“ wird so nicht als ein linearer Prozess dargestellt, sondern als fragmentarisch, sprunghaft, mitunter widersprüchlich und vor allem: subjektiv. Durch diese Darstellungsweise werden unterschiedliche Perspektiven auf Erinnerung gezeigt.
Jeder der fünf spielbaren Charaktere im Game steht nicht nur für unterschiedliche Erinnerungen, sondern auch unterschiedliche Themen, die alle zur Geschichte um die Kinder vom Bullenhuser Damm zurückführen. Die zugeordneten Themen sind vielfältig, so dass Spieler*innen verschiedener Klassenstufen unterschiedliche Themen und Gesprächsanlässe für sich entdecken können.
Am 29. November 2024 feierten wir mit vielen Beteiligten den Launch mit einem Grußwort des Stiftungsvorstands Prof. Oliver von Wrochem, einer Einordnung des Games im Bereich digitaler Medien durch Steffen Jost, Alfred Landecker Foundation, einem digitalen Beitrag von Dr. Lucas Haasis sowie Schüler*innen und Lehrer*innen der IGS Flötenteich, die über ihre Erfahrungen beim Einsatz des Games in der Schule berichteten sowie einem Schlusswort von Nicole Mattern, Vorsitzende der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm, die auf die gleichbleibende Relevanz der Geschichte für die Familien Betroffener hinwies. Durch den Nachmittag führte Dr. Iris Groschek.
Das Spiel steht kostenfrei für Android und iOS zur Verfügung. Für den Einsatz im Unterricht wird bis Ende 2024 begleitendes Lehrmaterial bereitgestellt. Ab Januar 2025 ist ein Workshop mit dem Game für Gruppen in der Gedenkstätte Bullenhuser Damm buchbar. Eine englische Version ist ebenso für 2025 geplant. Aktuelle Informationen und Updates zum Game finden sich hier.
Oliver von Wrochem, Vorstand Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte:„Mit einem Spiel wollten wir durch die Bilder, die Erzählweise und vor allem die Interaktivität des Mediums einen eigenständigen erinnerungskulturellen Beitrag formulieren, der junge Menschen überrascht und unmittelbarer anspricht als herkömmliche Bildungsformate. Ein digitales Spiel ist ein wichtiger Schritt, Wissen über die Zeit des Nationalsozialismus und den gesellschaftlichen Umgang damit bis in die Gegenwart in zeitgemäßer Form zu vermitteln.“
Daniel Zylberberg, Beiratsmitglied und Vorstand der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm:„Als Angehöriger eines der ermordeten jüdischen Kinder vom Bullenhuser Damm finde ich es wichtig, dass Erinnern nicht in der Vergangenheit bleibt, sondern einen Bezug in der Gegenwart herstellt. Es ist in diesem Spiel gelungen, verschiedene interkulturelle Perspektiven darzustellen und viele Fragestellungen spiegeln die aktuelle Diskussion um Antisemitismus und Rassismus in der Gesellschaft wider.“
Weitere Informationen:
Trailer des Games: "Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm"
Video zur Spielerfahrung: Schüler*innen der IGS Flötenteich in Oldenburg
Artikel in der "Welt": Daddeln gegen Nazis. Hamburger Gedenkstätte nutzt digitales Spiel für Bildungsarbeit