23.11.2021 Bericht
Alle zwei Jahre veranstaltet die KZ-Gedenkstätte Neuengamme zweitägige Konferenzen, an denen sich Mitarbeiter*innen von Gedenkstätten und Angehörige von Initiativen an Orten ehemaliger Außenlager über Fragen zur Geschichte des KZ Neuengamme und seiner Außenlager sowie aktuelle Themen austauschen und vernetzen können. In diesem Jahr fand die mittlerweile 17. „Außenlager-Tagung“ in Kooperation mit der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen am 29. und 30. Oktober 2021 in Sachsen-Anhalt statt.
Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Tagung lag auf dem Medium der Graphic Novel in der Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit von Gedenkstätten. Ausgangspunkt für diese Schwerpunktsetzung war, dass im Rahmen der Tagung die 2020 neu gestaltete Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen besichtigt wurde, deren Ausstellung stark mit Elementen der Graphic Novel arbeitet. Nach einem geführten Rundgang durch die Ausstellung und über das Gelände der Gedenkstätte stellten Gedenkstättenleiter Andreas Froese, der Mitarbeiter der Gedenkstätte Gardelegen Lukkas Busche sowie Jan Wünsche, Mitarbeiter des Gestaltungsbüros KOCMOC, Leipzig, im Tagungshaus Gut Zichtau Näheres zu den Überlegungen bei der Entwicklung des Ausstellungskonzepts vor. Einen weiteren Input zum Thema steuerte Dr. Veronika Springmann vom Berliner Sportmuseum bei. Sie präsentierte die Graphic Novel „Wann werden wir wieder spielen“, die sich mit Sport als Gewaltpraxis wie auch als Überlebensstrategie in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern befasst. Die Diskussion nach diesem von Dr. Alexandra Köhring von der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte moderierten Panel drehte sich vor allem um die Frage, welchen Stellenwert Graphic Novels in der Gedenkstättenarbeit haben können. Dienen sie (auch) dokumentarischen Zwecken – und besteht dabei die Gefahr, dass Besucher*innen sie als „Quellen“ wahrnehmen könnten? In welchem Verhältnis stehen Graphic Novels zu historischen Quellen und Erinnerungsberichten von Überlebenden? Inwiefern ermöglichen sie es, im Rahmen der pädagogischen Arbeit Räume für Reflexionen z.B. über Handlungsoptionen oder Multiperspektivität zu eröffnen?
Am zweiten Tag wurden vormittags zunächst aktuelle Projekte von Außenlager-Initiativen und -Gedenkstätten vorgestellt. Andreas Ehresmann, Leiter der Gedenkstätte Lager Sandbostel, stellte ein Projekt zur friedenspädagogischen Arbeit mit Grundschüler*innen vor. In der anschließenden Diskussion, die von Ulrike Jensen von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme moderiert wurde, wurde vor allem darüber diskutiert, wie Gedenkstätten an Orten ehemaliger Konzentrationslager mit eigens dafür konzipierten Angeboten angemessen auf Besuche von Familien mit jüngeren Kindern oder auch auf Fragen von Kindern im Grundschulalter eingehen können. Ausgehend davon entstand für das Frühjahr 2022 die Idee für einen Workshop in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, der sich eingehender mit diesem Themenfeld befassen und dabei auch die Frage nach einer möglichen Adressierung von Eltern, Erzieher:innen und Grundschullehrkräften durch die Gedenkstätten behandeln soll.
Des Weiteren stellte Alexander Rehwaldt, Amtsleiter Kultur, Bildung und Soziales in Grevesmühlen, die kürzlich vorgenommene Umgestaltung der Gedenkanlage in Grevesmühlen vor, die an die Opfer der „Cap Arcona“-Katastrophe erinnert. Im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion, die von Dr. Reimer Möller (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) moderiert wurde, stand, neben der visuellen und inhaltlichen Gestaltung der Gedenkanlage, die Frage nach dem gestalterischen Umgang mit Artefakten der DDR-Gedenkkultur.
Zum Abschluss der Tagung fanden am Samstagnachmittag Exkursionen zur Gedenkstätte Beendorf sowie der Infostelle Morsleben statt. An beiden Orten nahmen die Tagungsteilnehmenden an geführten Rundgängen teil, die über die Geschichte der Außenlager des KZ Neuengamme in Beendorf informierten.
Bericht: Susann Lewerenz