24.04.2015 Bericht
In den Nächten vom 22. auf den 23. und vom 23. auf den 24. April 1945 ließ die Hamburger Gestapo 71 Männer und Frauen aus dem Polizeigefängnis Fuhlsbüttel im Lagergefängnis des KZ Neuengamme, dem sogenannten Arrestbunker, exekutieren.
Diese Mordaktion war seit Anfang 1944 vorbereitet worden. So hatten sich der Höhere SS- und Polizeiführer, der Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD und der Leiter der Hamburger Staatspolizeileitstelle bereits im Frühjahr 1944 getroffen, um die rechtzeitige Räumung der Polizeigefängnisse Norddeutschlands im Falle des Herannahens alliierter Truppen zu planen. Die Gefangenen sollten nicht in die Hände der Alliierten fallen.
Infolge dieses Treffens und weiterer Besprechungen der Gestapo-Dienststellenleiter wurden Anfang 1945 drei Namenslisten von Häftlingen des Polizeigefängnisses Fuhlsbüttel erstellt:
Die Häftlinge auf der ersten Liste wurden entlassen.
Die Häftlinge auf der zweiten Liste ließ die Gestapo Mitte April 1945 nach Kiel in das „Arbeitserziehungslager Nordmark“ bringen.
Auf die dritte Liste kamen zunächst 100 Namen zur Exekution bestimmter Häftlinge. Die Liste wurde schließlich auf 71 Namen reduziert. Diese 71 Männer und Frauen wurden am 20. April 1945 in das KZ Neuengamme transportiert und anschließend dort im Arrestbunker getötet. Nach Kriegsende vermochten weder die britische Militärjustiz noch die Hamburger Staatsanwaltschaft, die Verantwortlichen dieser Morde zu überführen.
Zu den 58 Männern und 13 Frauen, die am 20. April 1945 vom Polizeigefängnis Fuhlsbüttel in das KZ Neuengamme gebracht und dort ermordet wurden, gehören Margarete und Paul Zinke, Annemarie Ladewig und Hanne Mertens:
Margarete Zinke, geboren am 18. Januar 1914 in München, und Paul Zinke, geboren am 8. März 1901 in Bad Warmbrunn/Oberschlesien, hatten sich während des Krieges der Widerstandsorganisation „Bästlein-Jacob-Abshagen“ angeschlossen. Sie hatten unter anderem ein von der Gestapo gesuchtes Mitglied der Organisation in ihrer Wohnung versteckt.
Annemarie Ladewig, geboren am 5. Juni 1919 in Neidenburg/ Ostpreußen, wurde am 22. März 1945 zusammen mit ihrem Bruder Rudolf, ihrem Vater Rudolf Ladewig sowie dessen Lebensgefährtin Elisabeth Rosenkranz von der Gestapo verhaftet. Ihr Vater hatte vermutlich, wie auch Elisabeth Rosenkranz, Kontakt zur Widerstandsgruppe „Kampf dem Faschismus“ und zum „Nationalkomitee ‚Freies Deutschland‘“, während Annemarie Ladewig und ihr Bruder dem Widerstand – soweit bekannt – nicht angehörten.
Hanne Mertens, geboren am 13. April 1909 in Magdeburg, war Schauspielerin am Thalia-Theater in Hamburg. Auf einer privaten Feier hatte sie über die NS-Führung gespöttelt und unter anderem das Lied „Es geht alles vorüber“ mit dem weiteren Text: „… es geht alles vorbei, zuerst Hitler, dann die Partei“ gesungen. Ein Gestapobeamter, der auf dieser Feier anwesend war, veranlasste daraufhin ihre Verhaftung.
Fotos: Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme