29.02.2024 Nachricht
Heute erreichte uns die Nachricht, dass unsere Freundin Eva Smolková-Keulemansová am 28. Februar 2024 im Alter von 96 Jahren in Prag verstorben ist.
Als Eva Weil wurde sie 1927 in Prag als Tochter jüdischer Eltern geboren. Im März 1943 wurde die Familie in das Ghetto Theresienstadt deportiert und musste verschiedenen Konzentrationslager durchlaufen. Eva kam mit ihrer Mutter zunächst nach Auschwitz-Birkenau, von dort in Außenlager des KZ Neuengamme in Hamburg, wo ihre Mutter starb. Eva wurde im April 1945 von britischen Truppen aus dem KZ Bergen-Belsen befreit.
Nach ihrer Rekonvaleszenz in Schweden kehrte Eva als einzige Überlebende ihrer Herkunftsfamilie nach Prag zurück, da sie erfahren hatte, dass ihr Vater die KZ-Haft nicht überlebt hatte, ihre Großmutter und eine Tante aber zurückgekommen waren. Eva machte ihr Abitur nach und entdeckte ihre Liebe zur Chemie. Sie begann, das Fach zu studieren. „Ich wollte zeigen, was man noch alles machen kann, wenn man überlebt hat“, sagte sie der Jüdischen Allgemeinen in einem Interview im Januar 2024. Sie heiratete mehrmals, bekam ihre Kinder Eva und Petr, wurde als Chemikerin außerordentlich erfolgreich und wurde in Fachkreisen von vielen „the first lady of chromatography" genannt. Bis ins hohe Alter lehrte sie an der Karls-Universität in Prag.
Eva war im In- und Ausland erfolgreich – schwieg aber jahrzehntelang über ihre Zeit in deutschen Konzentrationslagern, auch ihrer Familie gegenüber. Erst ihre Enkelin brachte sie dazu, ihr Schweigen zu brechen und vor deren Schulklasse über ihre Verfolgung zu erzählen. Fortan wollte Eva der Welt berichten, was sie erlebt hatte. Für ihren Sohn Petr schrieb sie anlässlich seines 40. Geburtstages ihre Lebens- und Leidensgeschichte auf. Auch in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme war sie mehrfach zu Gast, gab Interviews und Zeitzeuginnengespräche und saß unter anderem 2016 in einem Generationengespräch gemeinsam mit ihrer Tochter Eva, ihrem Sohn Petr, ihrer Enkelin Lenka und deren kleiner Tochter auf der Bühne – vier Generationen einer Familie, die nach dem Willen der Nationalsozialisten nicht mehr hätte existieren dürfen. Ein Triumph, so formulierte Eva es. Die Familie sprach offen über das jahrzehntelange Schweigen der Mutter und Großmutter über ihre Verfolgung und den Mord an ihren Angehörigen und über die Weitergabe der Erinnerung innerhalb der Familie heute.
Wir freuten uns immer, wenn Eva Smolková-Keulemansovà in Hamburg zu Besuch war. Einige von uns reisten in den vergangenen Jahren auch zu ihr nach Prag. In einem Interview, das sie uns 2011 gab, resümierte sie rückblickend: „Es war ein gutes Leben und ich habe Glück gehabt.“
Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten František Gilar, ihren Kindern Eva Teserová und Petr Smolka, ihren Enkeln und Urenkeln sowie ihren Freund*innen trauern wir um eine warmherzige und kluge Frau, die uns viel bedeutet hat.