02.08.2023 Nachricht

Wir trauern um Karl Pajuk (1926-2023)

Am 15. Februar 1926 wurde Karl Pajuk im Dorf Mazkiwzi in der westukrainischen Region Chmelnyzkyj geboren. Als Sohn ukrainischer Bauern erlebte er in der Sowjetunion unter Stalin schon früh die Bedeutung von Gewaltherrschaft, als der Vater sich gegen Zwangskollektivierung aussprach und die Familie daraufhin in den Norden Russlands verbannt wurde. Nach der Rückkehr in die Heimat wurde Karl im September 1942 mit 16 Jahren von Deutschen zur Zwangsarbeit in den Kreis Münden verschleppt. Nach kurzer Zeit versuchte er zu fliehen, wurde aber verhaftet und über verschiedene Haftanstalten, sowie das „Arbeitserziehungslager“ Liebenau, wo er in einer Pulverfabrik arbeiten musste, schließlich im Januar 1943 in das KZ Neuengamme überstellt. Unter anderem musste er in dem Neuengammer Außenlager Salzgitter-Drütte für die „Reichwerke Hermann Göring“ arbeiten. Am Ende des Krieges überlebte er die berüchtigte „Hasenjagd“ in der Nähe von Celle und schließlich auch das KZ Bergen-Belsen.

Nach der Befreiung erkrankte Karl schwer. Schließlich wurde er in die Rote Armee eingezogen und kehrte 1950 wieder in die Heimat zurück.

So schwer es ihm auch fiel, reiste Karl Pajuk in späteren Jahren zu Gedenktagen erneut nach Deutschland, auch in die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, und gab Zeitzeugengespräche für Schüler*innen, zuletzt im Jahr 2019. Damals sagte er in seiner die Gedenkfeier abschließenden Rede: „Möget ihr dieses Elend nicht zulassen, welches ich und meine Kameraden erlitten haben“ und übergab der Gedenkstätte ein Gemälde, das ein Schüler unter dem Eindruck eines Zeitzeugengespräches mit ihm gemalt und ihm geschenkt hatte. Das war auch der Grund, warum er immer wieder Reisen an die Orte unternahm, an denen er unter den Deutschen leiden musste: „Die Jugendlichen sollen erfahren, was ich erlebt habe und was der Krieg bedeutet. Die Menschen sollen erfahren, wo die anfängliche Hitler-Euphorie geendet hat.“ (Rundbrief Stadtgeschichten der Gedenkstätte Salzgitter Oktober 2012)

Der russische Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 brachte einmal mehr Krieg in Karl Pajuks Heimat. Im selben Jahr konnte er durch das Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine eine kleine Unterstützung erhalten. Karl Pajuk starb am 31. Juli 2023 in seiner ukrainischen Heimat.

Karl Pajuk war ein besonderer Mensch, charismatisch, kommunikativ und voller Lebensfreude. Alle, die ihn kannten, schätzten seine Warmherzigkeit, seine Freundlichkeit und sein herzliches Lachen. Er liebte Gedichte und schrieb auch selbst welche. Er hatte eine wohlklingende Stimme und bei der Gedenkfeier 2019 hat er eindrucksvoll ein ukrainisches Lied gesungen. Wir trauern mit seiner Familie um einen liebenswürdigen, humorvollen Mann.