21.11.2022 Nachricht

Unsere Freundin Hédi Fried ist tot

Wir trauern um unsere Freundin Hédi Fried, die im Alter von 98 Jahren gestern in Stockholm gestorben ist.

Unermüdlich kämpfte Hédi Fried bis ins hohe Alter gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus und für eine demokratische und menschliche Gesellschaft. Dafür nahm sie es gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Livia Fränkel in Kauf, immer wieder von der rassistischen Verfolgung ihrer Familie im durch das nationalsozialistische Deutschland besetzten Ungarn und von der Ermordung ihrer Eltern im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zu berichten. Die Schwestern hatten sich im Lager nach dem Tod der Eltern eng zusammengeschlossen und gemeinsam nicht nur das KZ Auschwitz, sondern auch drei Außenlager des KZ Neuengamme sowie das KZ Bergen-Belsen überlebt.

Nach der Befreiung wanderten sie gemeinsam nach Schweden aus, gründeten eigene Familien und standen im steten, engen Kontakt zueinander. Sie sahen es als ihre Pflicht an, vor allem jungen Menschen von den nationalsozialistischen Verbrechen zu berichten und sie zu ermuntern, Zivilcourage zu zeigen und ihre Stimmen gegen Ungerechtigkeit und Faschismus zu erheben. Hédi Fried, die Psychologin war, gründete zudem 1984 in Stockholm das „Café 84“, in dem sich Überlebende der Shoah treffen und austauschen konnten.

Beide Schwestern wurden für ihr politisches Engagement gegen das Vergessen hoch ausgezeichnet und zu bekannten Persönlichkeiten der schwedischen Gesellschaft. Auch in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme waren sie häufig zu Gast und wurden für uns zu gern gesehenen Freundinnen.

Menschen wie Hédi Fried haben ihr Leben lang dafür gekämpft, aus dieser Welt einen besseren Ort zu machen. Nur sie selbst wusste, wie viel Kraft sie diese Arbeit gekostet hat. Ihr vergeblicher Einsatz, eine Kollaboration der aktuellen schwedischen Regierung mit den rechten Schweden Demokraten zu verhindern, war ein letzter schwerer Schlag in ihrem politischen Engagement, ebenso die aktuelle Weltlage. Sie war müde.

Wir trauern gemeinsam mit der großen Familie Fried/Fränkel, die beide Schwestern stets als ihren Sieg gegenüber den Nationalsozialisten bezeichneten. Insbesondere Hédis Schwester Livi wünschen wir, dass sie es schafft, den Verlust ihrer Schwester zu verkraften und den Mut nicht zu verlieren.

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