31.03.2016 Projekt, Archivmeldung
Anfang März durften wir Dr. Susann Lewerenz und Dr. Claudia Bade als Mitarbeiterinnen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme begrüßen. Sie arbeiten beide an Drittmittelprojekten: Frau Lewerenz forscht zum Thema „Rassismen in Kolonialismus und Nationalsozialismus. Formen – Funktionen – Folgen“ und Frau Bade zu „Militärjustiz und Stadt im Krieg. Die Gerichte des Ersatzheers in Hamburg und Norddeutschland 1939 bis 1945: Spruchtätigkeit, Strafvollstreckung, Akteure“.
Dr. Susann Lewerenz wird voraussichtlich für 15 Monate im Studienzentrum der Gedenkstätte an ihrem Projekt arbeiten. Als freie Mitarbeiterin in Publikations- und Ausstellungsprojekten war sie schon zuvor an anderen Projekten für die KZ-Gedenkstätte Neuengamme beteiligt. Zudem arbeitete sie für die internationale Forschungsgruppe "Sexual Violence in Armed Conflict" und die Arbeitsgruppe "Krieg und Geschlecht" bei der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. 2015 promovierte sie mit dem Thema "Geteilte Welten. Inszenierungen des 'Exotischen' und ArtistInnen of Color im deutschen Unterhaltungsgewerbe, 1920-1960".
Das von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) finanzierte Kooperationsprojekt "Rassismen in Kolonialismus und Nationalsozialismus. Formen - Funktionen - Folgen" befasst sich mit Beziehungen, strukturelle Ähnlichkeiten sowie Spannungen zwischen dem europäischen Kolonialismus und dem Nationalsozialismus und stellt unter anderem die Frage, wie diese in aktuellen Formen von Rassismus nachwirken. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Dr. Oliver von Wrochem und Dr. Susann Lewerenz), die Universität Hamburg (Prof. Dr. Jürgen Zimmerer und Cäcilia Maag, M.A.) und die Universität Augsburg (Prof. Dr. Susanne Popp und Philipp Bernhard, M.A.) verfolgen gemeinsam das Ziel, pädagogisches Material für schulische und außerschulische MultiplikatorInnen in der Bildungsarbeit zu entwickeln, das im Internet frei zugänglich sein wird.
Die Nationalsozialisten konzentrierten ihre Expansionspolitik zwar auf den Osten Europas, wollten aber auch die ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika zurückgewinnen, die Deutschland nach dem ersten Weltkrieg gemäß dem Versailler Vertrag aufgeben musste. Zu diesem Zweck planten sie auch die Hilfe von in Deutschland lebenden Menschen aus diesen ehemaligen Kolonien in Anspruch zu nehmen, was wiederum in einem Widerspruch zur nationalsozialistischen "Rassenpolitik" stand. Das Teilprojekt, das im Studienzentrum der KZ-Gedenkstätte angesiedelt ist und von Frau Dr. Lewerenz konzipiert wird, verdeutlicht unter anderem solche Spannungsverhältnisse und untersucht, wie sich diese auf den Umgang mit People of Color auswirkten. Anhand ausgewählter Biografien beleuchtet Frau Lewerenz die Situation sowohl von Menschen aus den ehemaligen deutschen Kolonien als auch aus Kolonien anderer europäischer Staaten sowie deren Nachkommen.
Dr. Claudia Bades Forschungsprojekt ist auf zweieinhalb Jahre angelegt. Sie war schon in der Vergangenheit als freie Mitarbeiterin für die KZ-Gedenkstätte tätig, zum Beispiel bei der Erstellung der Sonderausstellungen "Hamburger Fußball im Nationalsozialismus" und "Deserteure und andere verfolgte der NS-Militärjustiz- die Wehrmachtgerichtbarkeit in Hamburg". Unter anderem arbeitete sie am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung als wissenschaftliche Mitarbeiterin. "'Die Mitarbeit der gesamten Bevölkerung ist erforderlich!' Denunziation und Instanzen sozialer Kontrolle am Beispiel des Regierungsbezirks Osnabrück 1933 bis 1949" war das Thema, mit dem Frau Dr. Bade 2003 promovierte.
Das von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur finanzierte und beim Studienzentrum der KZ-Gedenkstätte Neuengamme angesiedelte Projekt von Dr. Claudia Bade behandelt die Wehrmachtjustiz in Hamburg im Zweiten Weltkrieg. "Militärjustiz und Stadt im Krieg. Die Gerichte des Ersatzheers in Hamburg und Norddeutschland 1939 bis 1945: Spruchtätigkeit, Strafvollstreckung, Akteure" lautet der vollständige Arbeitstitel. Frau Bade will Näheres über die Spruchtätigkeit und die Strafvollstreckung zweier Hamburger Heeresgerichte erforschen, indem sie unter anderem die Verfahrensakten dieser Gerichte analysiert. Dabei möchte sie Schicksale von Opfern der NS-Militärjustiz und die Karrierewege vor allem von Wehrmachtrichtern nachvollziehen.
In die Gewalt der NS-Militärjustiz gerieten nicht nur Angehörige der Wehrmacht, sondern auch viele ausländische Kriegsgefangene in Hamburg. Die Wehrmachtjustiz hat - besonders gegen Kriegsende - durch ihre Urteile und Disziplinierungsmaßnahmen erheblich dazu beigetragen, dass die Wehrmacht bis zum Schluss weiterkämpfte. Frau Bade interessiert bei ihrem Forschungsprojekt besonders die Frage, wie sich in einer Zeit von sich auflösenden Grenzen zwischen Front und "Heimatfront" das Zusammenspiel von Akteuren der Wehrmacht, des NS-Staates und der Zivilbevölkerung in Hamburg gestaltete. Die wissenschaftlichen Ergebnisse des Projektes werden in einer Publikation erscheinen.