02.02.2022 Archivmeldung

Neu in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme: Nachlass eines Maschinisten im Widerstand

Am 27. Januar 2022 besuchte der Neffe von Carl Hans Rudolf Boldt mit seiner Frau die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Sie hatten einen Stapel sorgfältig gefalteter Dokumente im Gepäck. Rund 60 Dokumente zeichnen das Leben des linkspolitischen Bergedorfers und ehemaligen KZ-Häftlings Carl Hans Boldt auf berührende Weise.

Neben Zeugnissen wie der „Staatlichen Heizerurkunde“, die Boldt 1911 von der „königlichen Prüfungskommission“ erhalten hatte, sind viele spannende Dokumente dabei, die den Heizer, Kran- und Lokführer als einen fleißigen und intelligenten Mann zeigen. Auf dem Portraitfoto seines Führerscheins lächelt er, gekleidet mit Lederjacke und Schal, in die Kamera.

Carl Hans Boldt wurde am 3. Februar 1887 in Boizenburg geboren. Vor dem ersten Weltkrieg wurde er Mitglied der SPD, nach dem Krieg schloss er sich in Bergedorf der USPD an, die sich bald darauf der KPD anschloss. Seine politischen Aktivitäten brachten ihn schon zu Beginn des Nationalsozialistischen Regimes ins Visier der Nationalsozialisten.

Boldt soll bereits 1933 für kurze Zeit und ohne Prozess im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel inhaftiert gewesen sein. 1935 wurde ihm die Verleihung des Kriegsehrenkreuzes für seinen Dienst im 1. Weltkrieg verweigert. Als sein Sohn aus erster Ehe, Hans Karl Arthur Boldt, am 2. September 1942 an einem „östlichen Kriegsschauplatz gefallen“ ist, wird Carl Boldts Antrag auf Elterngabe von den Nationalsozialisten abgelehnt.

1943 wird er verhaftet und am 11. August 1943 unter der Häftlingsnummer 22584 im Neuengammer Hauptlager registriert. Aus den Unterlagen des Chronisten und ehemaligen Häftlings Hans Schwarz ist zu ersehen, dass Boldt aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung als Facharbeiter und Maschinist im Klinkerwerk eingesetzt worden ist. Das Innere des Klinkerwerks war sehr modern und bildete aufgrund von Schutz vor Witterungsverhältnissen im Vergleich zu anderen Arbeitskommandos im Konzentrationslager einen relativ guten Arbeitsplatz für wenige privilegierte Häftlinge. Hier konnte der damals bereits 58 Jahre alte Mann bis zum Kriegsende durchhalten. Den ersten Brief aus der Gefangenschaft kann er erst am 14. Januar 1945 an seine Frau Olga schreiben. Den beginnt er mit „Meine liebe Deern! Lange wirst du schon gewartet haben auf ein Lebenszeichen, aber leider konnte ich nicht früher schreiben. Nimm aber dafür an, dass es mir gut geht“.

Mit der Räumung des Hauptlagers durch die SS gelang auch Carl Hans Boldt auf eines der Schiffe in der Neustädter Bucht. Hier verliert sich seine Spur. Es ist anzunehmen, dass er bei der Bombardierung der „Cap Arcona“ und „Thielbek“ am 3. Mai 1945 starb.

An der Soltaustraße 12 in Bergedorf liegt heute ein Stolperstein für Carl Hans Boldt. Der Ellernweg, in dem er mit seiner Familie wohnte, wurde 1949 in Erinnerung an ihn in „Boldtsraße“ umbenannt.

Wir sind sehr dankbar, durch die als Nachlass dem Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme überreichten Dokumente nun mehr über sein Leben und sein Schicksal zu wissen. Wir danken seinem Neffen Lutz Elmers für die Überlassung des Nachlasses. Als er die Dokumente dem Archiv übergab sagte er: „Ich meine, diese Unterlagen sind eine Art ‚Zeitzeugen‘, mit denen die Lebensgeschichte von Carl Boldt in seiner Neuengammer ‚Akte‘ vervollständigt werden könnte.“

Text: Franciska Henning