09.12.2020 Veranstaltung

Jetzt online: Vortrag „Der lange Arm der Gewalt. Das Beispiel einer NS-Täterfamilie“

Heiko Tessmann sprach am 1. Dezember 2020 in einer Online-Veranstaltung der Gedenkstätte Fuhlsbüttel (Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte), an der über 120 Interessierte teilnahmen, über seinen Großvater Willi Tessmann, den letzten Kommandanten des Polizeigefängnisses Fuhlsbüttel.

Der Vortrag sowie das anschließende Gespräch mit Dr. Oliver von Wrochem, dem Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, sind nun online abzurufen: Link zum Vortrag auf Vimeo.

Zum Hintergrund:

Willi Bernhard Tessmann war der letzte Kommandant des Polizeigefängnisses Fuhlsbüttel, das bis 1936 als Konzentrationslager „Kolafu“ firmierte, einem zentralen Ort des NS-Terrors in Hamburg. Tessmann, geb. 1908, war seit 1932 Mitglied der NSDAP und SS, 1934 wurde er Polizist. Bis zu seiner Beförderung zum Kommandanten 1943 war er mehrere Jahre Wachmann in Fuhlsbüttel. 1948 wurde er zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Willi Tessmann steht stellvertretend für zahlreiche überzeugte NS-Täter. Welche Folgen hatte dies in den Familien? Wie gehen Nachkommen mit diesem familiären Erbe um? Der Vortrag spürt den Wirkmechanismen der NS-Vergangenheit nach und folgt ihren Spuren bis in die Gegenwart.

Heiko Tessmann ist Landwirt und Arbeitspädagoge und befasst sich seit 1999 mit der Geschichte seines Großvaters. In den letzten Jahren tritt er verstärkt an die Öffentlichkeit. Klar benennt er in seinem Vortrag die Verantwortlichkeiten seines Großvaters und fragt nach den Ursachen der Teilnahme an den Verbrechen. Er zeichnet die einzelnen Etappen seiner Recherchen nach und stellt die Widerstände gegen seine Bemühungen in der eigenen Familie dar. Sein Vortrag zeigt, wie schwer es auch 75 Jahre nach Kriegsende ist, sich mit der Beteiligung von Familienangehörigen an Massenverbrechen schonungslos auseinanderzusetzen.