28.01.2022 Nachricht

Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme ist Teil der „TikTok – Shoah Education and Commemoration Initiative“

Anlässlich des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) haben Gedenkstätten und Museen in Deutschland und Österreich ihre Aktivität auf der Plattform TikTok gestartet.

Im Rahmen einer mehrteiligen Seminarreihe verfolgte die „TikTok – Shoah Education and Commemoration Initiative” das Ziel, Gedenkstätten und Museen zur Einbindung von TikTok in die eigene Gedenk- und Bildungsarbeit zu ermutigen und ihnen Wissen zu vermitteln, um neue Zielgruppen zu erreichen. Vor dem Hintergrund des weit verbreiteten Problems der Shoah-Relativierung und -Leugnung off- und online, nicht zuletzt auch im Kontext der Corona-Pandemie, richtet sich die Initiative gleichzeitig gegen die Verbreitung solcher Inhalte auf TikTok. Begleitet wurde das Projekt von einer quantitativen und qualitativen Studie der Hebrew University of Jerusalem zu Inhalten von Shoa-Gedenken und Erinnerungsarbeit auf TikTok. (Pressemitteilung der Initiative)

TikTok ist ein junges Medium, mit dem eine sehr junge Zielgruppe im Alter von 16 bis 24 Jahren erreicht wird. Nutzer*innen setzen sich schon jetzt auf dieser Plattform aktiv mit dem Thema Shoah oder Nationalsozialismus auseinander. Aber bisher fehlten dort Inhalte, die von Gedenkstätten als Akteurinnen eingespielt werden.

Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Link zum TikTok Account) ist seit Ende November 2021 aktiv auf TikTok und hat innerhalb der ersten zwei Monate 10.000 Follower, 90.000 Likes und 1 Million Views verzeichnen können, was bedeutet, dass die Inhalte innerhalb kürzester Zeit mehr Aufmerksamkeit erhielten, als die Präsenz der Gedenkstätte auf jeder anderen online-Plattform. Das Interesse ist nicht verwunderlich, da Jugendliche sich laut einer neuen Studie wieder stärker für die Zeit des Nationalsozialismus interessieren: Drei Viertel der befragten 19- bis 25-Jährigen bekunden Interesse. Junge Menschen verbinden die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus nicht nur mit Vergangenheitsbewältigung, sondern suchen darin auch ein besseres Verständnis ihrer eigenen Gegenwart und Lebenswelt und sehen Verknüpfungen zu akuten gesellschaftlichen Problemen wie Rassismus und Diskriminierung.

Die kurzen Clips auf dem TikTok Account der KZ-Gedenkstätte Neuengamme erzählen aus der Sicht von drei jungen Menschen aus Großbritannien, Australien und der Ukraine, die als Freiwillige in der KZ-Gedenkstätte arbeiten. Sie geben Hintergründe zu Orten, Biografien und Ausstellungsstücken. Ein TikTok-Video der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, das die Markierungen auf den Häftlingsuniformen erklärt, schauten über 400.000 TikTok Nutzer*innen an. Das für die Gedenkstätte Überraschende war die hohe Interaktionsrate, die sich als Kommentare oder Beiträge zu den Videos ergaben.

Die Herausforderung bei der Aktivität auf diesem Medium ist es, eine angemessene Form der Kommunikation zu finden und dabei die Bild- und Erzählsprache von TikTok zu nutzen, die kurz und prägnant ist und verschiedene erzählende Ebenen zeitgleich einsetzt (Schrift, Bild, Bewegtbild, Musik, Titel). Rund um den 27. Januar (Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus) hat die Gedenkstätte "User Generated Content" auf den Account hochgeladen, kurze Videos, die Angehörige der 3. und 4. Generation zugesandt haben, als Kooperation mit dem Young Committee der Amicale Internationale KZ Neuengamme.

Dr. Oliver von Wrochem, Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme: „Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme ist schon seit vielen Jahren aktiv in der online-Kommunikation. Unser Ziel mit dem neuen TikTok-Projekt ist es, in einem Medium, das junge Menschen regelmäßig nutzen, über die nationalsozialistischen Verbrechen aufzuklären, das Bewusstsein für vergangenes und aktuelles Unrechtshandeln zu schärfen und die Sichtbarkeit unserer Themen zu erhöhen, indem wir Informationen auf eine moderne Weise weitergeben. Wir bieten damit einen Rahmen zum Nachdenken und öffnen uns für eine neue Plattform von miteinander verbundenen, aktiven Lernenden.“

Beispiele für das Presseecho auf die TikTok Initiative:
Belltower News
Frankfurter Allgemeine Zeitung
NEO Magazin
Jüdische Allgemeine
WDR

Text: Iris Groschek

Schlagworte: Social Media (18)