21.11.2016 Bericht, Ausstellung

Ausstellungseröffnung: "Vernichtungsort Malyj Trostenez" in St. Katharinen

Die Wanderausstellung "Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung" behandelt den Massenmord an mindestens 60 000 Menschen durch NS-Kommandos im Lager Malyj Trostenez und den umliegenden Wäldern von Schaschkowka und Blagovśćina bei Minsk in Belarus von 1942 bis 1944. Die Ausstellung wurde am 8. November 2016 in der Hamburger St.-Katharinen-Kirche eröffnet - dem Datum, an dem 75. Jahre zuvor erstmals Hamburger Juden nach Minsk deportiert wurden.

Die Wanderausstellung wurde im Rahmen eines internationalen Dialogs zwischen Belarus, Deutschland, Österreich und Tschechien erarbeitet, mit dem Ziel, Malyj Trostenez als europäischen Tat- und Erinnerungsort der öffentlichen Wahrnehmung bekannt zu machen. Getragen wird die Ausstellung von dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) Dortmund, der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte„Johannes Rau“ in Minsk, sowie der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“.

Zu der Eröffnung reiste eine Delegation u.a. aus Mitgliedern des Internationalen Beirates der Ausstellung,  IBB-Verantwortlichen, belarussischen Historikerinnen und Historikern, lokalen Museumsmitarbeitenden und dem stellvertretenden Außenminister von Belarus, Valentin Rybakov an. Teil der Delegation waren des Weiteren Maya Krapina (*1935), Überlebende des Minsker Ghettos, und Kurt Marx. Kurt Marx (*1929 in Köln) entkam 1938 mit einem der "Kindertransporte" nach England. Das Schicksal seiner damals in Deutschland verbliebenden und ihre Flucht planenden Eltern war lange unbekannt.  Später erfuhr er, dass sie 1942 mit 1158  jüdischen Menschen aus Köln, darunter auch 335 Kindern, nach Trostenez verschleppt und dort ermordet worden sind.

Der Initiativkreis Hamburg und das IBB Dortmund haben ein umfangreiches Begleitprogramm zur Eröffnung der Ausstellung organisiert, das mit einer Andacht im Ökumenischen Forum der Hafencity begann. Ein Teil der Delegation besuchte die KZ-Gedenkstätte Neuengamme.  Am 8. November wurde nach einem Pressegespräch die Ausstellung feierlich eröffnet. In ihrem Grußwort betonte die Hauptpastorin Ulrike Murmann, dass die Ausstellungseröffnung an diesem Ort auch dazu einlade, sich kritisch mit der Geschichte der Kirche und ihrer  Rolle in nationalsozialistischen Verbrechen auseinandersetzen. Ties Rabe, Schulsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, sprach seinen Dank für die positive deutsch-belarussische  Zusammenarbeit aus, denn Gedenken brauche unabdingbar Dialog. Valentin Rybakov, der stellvertretende Außenminister von Belarus versteht das internationale Forschungsprojekt als Eintritt in ein neues Kapitel von Frieden, Verständigung und Dialog. Dr. Felix Klein (Auswärtiges Amt Berlin) mahnte, weder Opfer noch Täter zu vergessen. Die Vernachlässigung von Malyj Trostenez als Tat- und Erinnerungsort sei auch der national unterschiedlichen historischen Auseinandersetzung mit der Shoa geschuldet. Prof. Dr. Manfred Zabel, IBB Dortmund, hofft, die Ausstellung könnte dazu beitragen, aus bisher namenlosen Toten Menschen mit einer individuellen Lebensgeschichte zu machen.

Im Anschluss ging es gemeinsam zu Fuß vorbei an den Baustellen der Hafencity zum Areal des zukünftigen Gedenkortes "Hannoverscher Bahnhof" am Lohseplatz. Dort wurde der Infopavillon besichtigt, der eine reduzierte Version der künftigen Dauerausstellung des geplanten Dokumentationszentrums zeigt. Dr. Annette Busse (Kulturbehörde) und Dr. Detlef Garbe (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) führten in die Geschichte des Ortes und seine zukünftige Gestaltung ein. Daraufhin versammelte sich die Gruppe nach einem Gang durch die "Fuge" zur Gedenkfeier an den historischen Gleisen, von denen aus 75 Jahre zuvor jüdische Hamburgerinnen und Hamburger nach Minsk deportiert worden sind. Galina Levina sprach für die Jüdischen Gemeinden in Belarus und Landesrabbiner Shlomo Bistritzky für die Jüdische Gemeinde Hamburg. Zum Abschluss wurden im Gedenken an die Opfer Rosen niedergelegt.

Am Nachmittag besuchten geladene Gäste einen Empfang des Senates im Ökumenischen Forum Hafencity, Dort gab es Abend unter dem Motto "Kriegsspuren" ein gemeinsames Programm des Pianisten Leon Gurvitch und der Zeitzeugin Maya Krapina. Leon Gurvitch, der in Minsk aufgewachsen ist und seit vielen Jahren in Hamburg lebt, hat Frau Krapina schon als Schüler kennen gelernt. Der musikalische Teil des Programms war passend zu den Erzählungen von Maya Krapina ausgesucht. Frau Krapina, eine der letzten Zeitzeuginnen der Shoa und Überlebende des Minsker Ghettos, stand die folgende Woche für öffentliche Zeitzeugengespräche zur Verfügung. Zweimal sprach sie auch in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Die Ausstellung wird noch bis zum 7. Dezember 2016 in der Hamburger St.-Katharinen-Kirche gezeigt.

Beitrag zur Ausstellungseröffnung vom IBB.