Eintrag

Titel: Als der Staat sein Gewaltmonopol preisgab
Startdatum: 02.11.2023
Startzeit: 18.30 Uhr
Endzeit: 20.30 Uhr
Ort: Forschungsstelle für Zeitgeschichte, Lesesaal, Beim Schlump 83, 20144 Hamburg
Beschreibung: 

Vortragsreihe „Mehr als eine Randnotiz. Die extreme Rechte nach 1945“. Heute: Patrick Wagner (Halle): Als der Staat sein Gewaltmonopol preisgab. Polizei und rechte Straßenmobs in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft der 1990er Jahre. Moderation: Kirsten Heinsohn (Hamburg).

Das hohe Niveau rechter Gewalt war während der 1990er Jahre ein gesamtdeutsches Phänomen. Dennoch bildete diese Gewalt in Ostdeutschland eigene Qualitäten aus: Sie fand besonders häufig in Form offener Mob-Gewalt im öffentlichen Raum statt, sie wurde dort regelmäßig von klatschenden Gaffern in großer Zahl unterstützt, und die Polizei bzw. deren politische Führung wichen immer wieder vor dieser Gewalt zurück. Das staatliche Gewaltmonopol blieb in den „neuen Bundesländern“ ab 1990 über lange Zeit prekär. Patrick Wagner sucht in seinem Vortrag Antworten auf die Frage, warum die Polizei als institutionelle Trägerin des Gewaltmonopols in vielen ostdeutschen Gemeinden die Kontrolle über die öffentlichen Räume verlor. Anhand polizeiinterner Debatten und Dokumente, z.B. zum symbolträchtig desaströsen Einsatz in Rostock-Lichtenhagen 1992, verortet er das Agieren der ostdeutschen Polizei im Kontext der gesellschaftlichen Transformationskrise und der polizeispezifischen Transformationserfahrungen. Für Westdeutsche bietet das Thema im Übrigen wenig Grund zum „Ossi-Bashing“ – denn die folgenschwersten Fehler machten in der Regel von West nach Ost transferierte Führungsbeamte und Politiker.

Die Vortragsreihe ist eine Kooperation der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg mit der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen. Beide Einrichtungen kooperieren außerdem in dem Forschungsprojekt „Hamburg rechtsaußen. Rechtsextreme Gewalt- und Aktionsformen in, mit und gegen städtische Gesellschaft 1945 bis Anfang der 2000er Jahre“.