25.05.2023 Projekt
Die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte entwickelt und realisiert für die KZ-Gedenkstätte Neuengamme in den nächsten drei Jahren gemeinsam mit vielen Partner*innen neue Konzepte für eine hybride Geschichtsvermittlung.
Wie kann eine aufeinander bezogene, grenzüberschreitende Erinnerungskultur entstehen? Wie können Urlauber*innen für die Geschichte des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkriegs interessiert werden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des dänisch-deutschen Forschungs- und Entwicklungsprojekts „Hope & Despair“. Dafür erarbeiten 14 Projektpartner*innen gemeinsam Konzepte, die einen Fokus auf partizipative Entwicklung und digitale Angebote legen werden. Neben der KZ-Gedenkstätte Neuengamme beteiligen sich weitere dänische und deutsche Museen und Gedenkstätten, Hochschulen sowie Tourismusorganisationen.
Clara Mansfeld, die von Seiten der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte das Projekt betreuen wird, betont: „Nationalsozialistische Verfolgungspraxis war nicht beschränkt auf einzelne, isolierte Orte. Sie überzog Europa vielmehr wie ein dichtes, engmaschiges Netz. Dies gilt es mitzudenken, wenn wir Geschichten und insbesondere Biografien der Verfolgten erzählen. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme nimmt am Projekt teil, um in einem partizipativ gestalteten Entwicklungsprozess neue Wege zu gehen, diese Geschichte im süddänischen und norddeutschen Raum zu vermitteln. Wir wollen ein Angebot für dänische und deutsche Besucher*innen entwickeln, die das Digitale und das Analoge verbindet. Dieses soll individuelle Zugänge zu den Orten und der Geschichte, die sie verbindet, ermöglichen.“
Grenzüberschreitende historische Orte
Ein Blick auf die anderen beteiligten Gedenkorte verdeutlicht diese Verbindungen: Das Frøslevlejrens Museum erinnert am historischen Ort des Internierungslagers Frøslev an die Geschichte des Lagers, das unter dänischer Verwaltung stand. Die dänische Regierung hatte dies in Verhandlungen mit den deutschen Besatzern erreicht, um die eigene Bevölkerung zu schützen. Ab August 1944 wurden in Frøslev vor allem sogenannte politische Häftlinge und dänische Polizisten inhaftiert. Deportationen in Lager im deutschen Reich konnte sie nicht komplett verhindern: So gut wie alle dänischen Häftlinge im KZ Neuengamme waren zuvor im Lager Frøslev inhaftiert gewesen.
Auch zwei Gedenkstätten, die an Außenlager des KZ Neuengamme erinnern, sind am Projekt beteiligt (KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund, die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing). Die Lager Husum-Schwesing und Ladelund wurden im Herbst 1944 etabliert: Häfltinge sollten den so genannten "Friesenwall", eine Wehranlage an der deutschen Nordseeküste, errichten. Im November und Dezember 1944 starben allein in Ladelund 300 Häftlinge beim Bau von Panzerabwehrgräben. Außerdem sind das Museum Kolding, die Billund Municipality Museums und das Jüdische Museum Rendsburg beteiligt.
Zusammenarbeit über Landes- und Institutionsgrenzen hinweg
Geleitet wird das Projekt von der Design School Kolding. „Hope & Despair“ ist am Labor für Spiel und Design der Hochschule angesiedelt und Teil des Forschung- und Entwicklungsprogramms „Playful attractions“. Die Wissenschaftler*innen aus Kolding steuern neben der Projektleitung ihre Erfahrungen in Designfragen und Beteiligungsprozessen bei. Zudem ist das Sonic College der UC SYD mit seiner ATMOSphere-Forschungsgruppe Teil des Projekts. Sie haben Erfahrungen mit der Integration von Klangelementen in das Storytelling und die Vermittlung in Museen. Zudem sind auch die Fachhochschule Kiel und die Europa-Universität Flensburg Teil des Projekts: hier werden Kenntnisse im multiperspektivischem Storytelling und Einsatz von (audiovisuellen) Medien eingebracht.
Neben den genannten Gedenkstätten und Museen sowie den Hochschulen sind auch drei Tourismusagenturen beiderseits der deutsch-dänischen Grenze (Destination Sønderjylland, Destination Triangle Area und die Tourismuszentrale Flensburger Förde) Teil von „Hope & Despair“.
Das Projekt mit einer Laufzeit von drei Jahren ist im Mai 2023 gestartet und wird mit insgesamt rund 1,3 Millionen Euro aus Interreg-Mitteln der Europäischen Union gefördert.