Fußball in der nationalsozialistischen Gesellschaft

Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Volume 18
KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Published by: Edition Temmen
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Description

Aus dem Inhalt des Sammelbandes "Fußball in der nationalsozialistischen Gesellschaft: Zwischen Anpassung, Ausgrenzung und Verfolgung":

Dietrich Schulze-Marmeling: Die Politik des deutschen Fußballs in den Jahren 1933 bis 1945 und der lange Weg zur Aufarbeitung der Geschichte

Sven Fritz: Vom Kaiserreich zum "Dritten Reich": Die Entwicklung des Eimsbütteler Turnverbands vom völkischen zum nationalsozialistischen Sportverein

Lorenz Peiffer: "Die Hamburger hatten ihren besten Mannschaftsteil in ihrem rechten Flügel". Zur Geschichte des jüdischen Fußballsin Hamburg in den 1920er- und 1930er-Jahren

Dieter Hertz-Eichenrode: Gastfreundschaft und Respekt.Deutsch-polnische Fußballspiele 1933 bis 1938

Andreas Ehresmann: "Es bestehen 4 Fußballmannschaften, aber es fehlt der Fußball." Fußball im Stalag XB Sandbostel

Veronika Springmann: Zwischen Selbstbehauptung, Vergünstigung und Gewalt: Fußball im Konzentrationslager Neuengamme

Jim G. Tobias: Fußball in den jüdischen Displaced Persons Camps - mentale Medizin und gelebte zionistische Überzeugung

Florian Schubert: Antisemitismus im deutschen Fußball seit den 1980er-Jahren

Dietrich Schulze-Marmeling: Die Politik des deutschen Fußballs in den Jahren 1933 bis 1945 und der lange Weg zur Aufarbeitung der Geschichte

Nachdem mit der "Reichstagsbrandverordnung" vom 28. Februar 1933 die wichtigsten Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt worden waren, folgte auch die Zerschlagung der kommunistischen und sozialdemokratischen Sportbewegung. Dadurch erhielt der bürgerliche Deutsche Fußball-Bund (DFB), der sich wie seine Mitgliedsvereine ohne Widerstand in das NS-Regime einfügte, im Fußballsport eine Monopolstellung. Anhand der Mustersatzung für die Vereine im DFB und der Haltung und Praxis der Führung der Sportverbände und der Reichssportführung zeigt der Aufsatz, wie sich die Turn- und Sportverbände ebenfalls am Ausschluss der Juden aus der deutschen Gesellschaft beteiligten. Bis weit in die 1970er-Jahre ließ der DFB seine Geschichte von Verfassern schreiben, die im Nationalsozialismus Funktionen im Verband hatten. Aus Tätern, Karrieristen, Opportunisten und Mitläufern wurden selbst ernannte Richter, die sich und ihre Kameraden von jeglicher Schuld und Verantwortung freisprachen. In ihren Darstellungen fehlen die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung im Fußballsport, während Täter wie Mitläufer in einem milden bis glänzenden Licht erscheinen. Erst die Kritik von Walter Jens 1975 kann als Auftakt einer - zunächst sehr zaghaften geführten - Debatte um die Rolle des DFB in den Jahren des Nationalsozialismus angesehen werden. Der Aufsatz analysiert diesen bis heute andauernden Prozesses der Aufarbeitung der Verbandsgeschichte, stellt die Akteure vor und beschreibt die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen.

Dietrich Schulze-Marmeling: The politics of German football between 1933 and 1945 and the long process of coming to terms with history

After the most important basic rights in the Weimar Constitution were abolished by the Reichstag Fire Decree of 28 February 1933, the Communist and Social Democratic sporting movement was destroyed as well. As a result, the bourgeois German Football Association (DFB) - which, along with its member clubs, had submitted to the Nazi regime without resistance - assumed a monopoly position in the world of German football. Based on the model statute for the clubs in the DFB and the attitude and practices of the leadership of the sports associations and the head of the Reich Sports Department, this essay shows how gymnastics and sports associations also contributed to excluding Jews from German society. Until well into the 1970s, the history of the DFB was written by people who had held official positions in the association under the Nazis. Perpetrators, careerists, opportunists and followers became self-appointed judges who absolved themselves and their comrades of all guilt and responsibility. Their representations overlook the victims of Nazi persecution in football, while both perpetrators and followers are presented in a benign or even flattering light. The criticism voiced by Walter Jens in 1975 can be viewed as the start of a debate - which was initially very tentative - about the role of the DFB during the Nazi era. The essay analyses the on-going process of coming to terms with the history of the football association, it introduces the stakeholders involved and it describes the respective political situations.

Sven Fritz: Vom Kaiserreich zum "Dritten Reich": Die Entwicklung des Eimsbütteler Turnverbands vom völkischen zum nationalsozialistischen Sportverein

Ausgehend von den politischen Schriften Friedrich Ludwig Jahns positionierte sich die deutsche Turnbewegung im Verlauf des 19. Jahrhunderts und vor allem seit der Reichsgründung 1871 zunehmend im nationalistischen und antiliberalen Lager. Hinzu traten ab den 1880er-Jahren antisemitische und biologistische Argumentationen, die wichtige Anknüpfungspunkte zu völkischen Ideenwelten lieferten. In diesem politischen Klima nationalistischer und völkisch-antisemitischer Selbstmobilisierung gründete sich der Eimsbütteler Turnverband (ETV). Er dokumentierte sein politisches Selbstverständnis nicht nur nach innen, sondern auch nach außen, indem er sich aktiv in ein Netzwerk "nationaler" Vereine und Verbände eingliederte und seine Turnhalle mit einer Symbolik schmückte, die Turnbewegung und politischen Antisemitismus miteinander verband. Während des Ersten Weltkrieges militarisiert und weltanschaulich radikalisiert, ordnete sich der Verein in der Weimarer Republik in das republikfeindliche rechte Lager ein und schuf damit die Voraussetzung für einen gegen Ende der 1920er-Jahre einsetzenden Prozess der Nazifizierung. Dieser wurde von den jungen, jugendbewegten Mitgliedern des Vereins getragen und von der älteren Generation der Vereinsgründer wohlwollend begleitet. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 wurde zum freudig begrüßten Ereignis, dem eine weitgehend konfliktfreie Selbstgleichschaltung folgte. Aufgrund seiner Funktion als weltanschaulicher Wegbereiter und wegen seiner erfolgreichen Eingliederung in den neuen Staat wurde der ETV vom Regime öffentlich gewürdigt. Dieser Teil der Vereinsgeschichte und die daraus resultierende Schuld verschwanden im Nachkriegsnarrativ des ETV gänzlich. Sie wurden ersetzt durch die Selbststilisierung als Opfer schicksalhafter Entwicklungen und durch das Verschweigen, Verharmlosen oder Umdeuten aller sich dabei als problematisch erweisenden Tatsachen.

Sven Fritz: From German Empire to "Third Reich": The development of the Eims­büttel Gymnastics Association from a völkisch to a National­Socialist sports club

Based on the political writings of Friedrich Ludwig Jahn, the German gymnastics movement increasingly positioned itself in the nationalist and anti-liberal camp over the course of the 19th century and, above all, after the foundation of the German Empire in 1871. In the 1880s, the movement also began to embrace antisemitic and biologistic arguments that provided important links to völkisch ideology. It was in this political climate of nationalist and völkisch-antisemitic self-mobilisation that the Eimsbüttel Gymnastics Association (ETV) was founded. The association documented its political self-image both internally and externally by actively integrating itself into a network of "national" clubs and associations and by decorating its gymnasiums with imagery that connected the gymnastics movement to political antisemitism. After having been militarised and ideologically radicalised during World War I, the association aligned itself with the anti-republican right-wing camp during the Weimar Republic, thus laying the foundations for a process of nazification that began in the late 1920s. This was initiated by the younger members of the club who had been inspired by the German Youth Movement, and it was favourably supported by the older generation of club founders. The association welcomed the Nazis' seizure of power in January 1933 and voluntarily brought itself into line with the regime, largely without conflict. On account of its function as an ideological trailblazer and its successful incorporation into the new state, the ETV was publicly honoured by the regime. This aspect of the club's history and the guilt associated with it was completely absent from the post-war narrative of the ETV. Instead, the club presented itself as a victim of fate, and it covered up, trivialised or reinterpreted any facts that could have been con­sidered problematic.

Lorenz Peiffer: "Die Hamburger hatten ihren besten Mannschaftsteil in ihrem rechten Flügel". Zur Geschichte des jüdischen Fußballs in Hamburg in den 1920er- und 1930er-Jahren

Bis 1933 zählten auch im Hamburger Fußballsport jüdische Spieler zu den Leistungsträgern in ihren Vereinsmannschaften. Bereits wenige Wochen nach der nationalsozialistischen Machtübernahme am 30. Januar 1933 begannen auch die Hamburger Turn- und Sportvereine, in vorauseilendem Gehorsam ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen. Den jüdischen Sportlerinnen und Sportlern blieb danach nur die Möglichkeit, sich in eigenen Vereinen zu organisieren und u. a. eigene jüdische Fußballligen aufzubauen. Die in Hamburg bereits seit 1902 bestehende Jüdische Turnerschaft, die als Vorläuferin des Jüdischen Turn- und Sportvereins Bar Kochba Hamburg gelten kann, spielte im Hamburger Sportleben bis zum Jahr 1933 jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Nach dem 30. Januar 1933 gründeten sich in Hamburg bzw. in den vor der Eingemeindung nach Hamburg im Jahr 1938 damals noch preußischen Städten Altona und Harburg-Wilhelmsburg mit Blau-Weiß Hamburg, Schild Hamburg, Makkabi Altona, Schild Altona und Makkabi Harburg-Wilhelmsburg weitere jüdische Sportvereine, in denen sich die ausgeschlossenen jüdischen Sportlerinnen und Sportler zusammenfanden. Zu einem sportlichen Schwerpunkt wurde vor allem in den Vereinen Schild Hamburg und Blau-Weiß Hamburg das Fußballspiel. In den folgenden Jahren entwickelte sich ein intensiver Sportverkehr der jüdischen Hamburger Vereine untereinander und mit jüdischen Vereinen in der näheren und weiteren Umgebung bis nach Berlin. Höhepunkte im jüdischen Sportleben in Hamburg waren die Klubkämpfe zwischen Schild Hamburg und Blau-Weiß Hamburg unter Beteiligung mehrerer Fußballmannschaften. Die beiden Mannschaften nahmen auch an den von den jüdischen Sportverbänden Sportbund Schild und Deutscher Makkabikreis jeweils getrennt ausgetragenen Deutschen Reichsmeisterschaften im Fußball teil. Nach dem Novemberpogrom 1938 gab es auch in Hamburg keinen jüdischen Vereinssport mehr.

Lorenz Peiffer: "Hamburg had the best parts of its team in its right wing." The history of Jewish football in Hamburg in the 1920s and 1930s

Until 1933, Jewish players were among the top performers in their club teams in Hamburg's football scene. But just a few weeks after the Nazis took power on 30 January 1933, Hamburg's gymnastics and sports clubs began to exclude their Jewish members in a pre-emptory demonstration of obedience. The only option left to the Jewish athletes was to form their own clubs and even establish their own Jewish football leagues. The Jewish Gymnasts' Association, which had existed in Hamburg since 1902 and can be considered the precursor to Hamburg's Jewish Bar Kochba Gymnastics and Sports Association, played only a subordinate role in Hamburg's sporting life before 1933. After 30 January 1933, other Jewish sports clubs which brought together the excluded Jewish athletes were founded in Hamburg and in what were then still the Prussian cities of Altona and Harburg-Wilhelmsburg (before they were incorporated into Hamburg in 1938), including Blau-Weiss Hamburg, Schild Hamburg, Makkabi Altona, Schild Altona and Makkabi Harburg-Wilhelmsburg. Football became an athletic focal point, particularly in the Schild Hamburg and Blau-Weiss Hamburg clubs. In the following years, the Jewish clubs in Hamburg interacted intensively with Jewish clubs in the surrounding area and further afield, all the way to Berlin. High points in Jewish sporting life in Hamburg included the club matches between Schild Hamburg and Blau-Weiss Hamburg, in which multiple football teams were involved. The two teams also participated in German Reich Football Championships, which were conducted separately by the Jewish sporting associations Sportbund Schild and Deutscher Makkabikreis. After the November pogrom of 1938 (Kristallnacht), all Jewish club sports disappeared in Hamburg.

Dieter Hertz-Eichenrode: Gastfreundschaft und Respekt. Deutsch-polnische Fußballspiele 1933 bis 1938

In der Außenpolitik waren die deutsche und die polnische Regierung von 1933 bis 1938 darum bemüht, ihre Beziehungen zu verbessern. Diesem Ziel dienten auch fünf Fußball-Länderspiele Deutschland - Polen, die zwischen 1933 und 1938 in Deutschland und Polen ausgetragen wurden und Ausdruck deutsch-polnischer Freundschaft sein sollten. Etliche der deutschen Nationalspieler waren polnischer Herkunft und umgekehrt, sie symbolisierten geradezu gutnachbarschaftliche Beziehungen. Die Spiele endeten, als Deutschland begann, den Überfall der Wehrmacht auf Polen konkret zu planen. Der Aufsatz informiert über diese Spiele, die Spieler und weitere Akteure. Er thematisiert vor allem aber auch die politischen Hintergründe dieser Begegnungen, die sichtbare Zeichen einer überraschenden Abkehr von den zuvor angespannten deutsch-polnischen Beziehungen waren. Der Sport stand dabei im Dienst der Außenpolitik beider Länder.

Dieter Hertz-Eichenrode: Hospitality and respect: German-Polish football games 1933 to 1938

From 1933 to 1938, the German and Polish governments strove to improve their foreign policy relations. This was also the goal of five international German - Polish football matches that were held in Germany and Poland between 1933 and 1938 as an expression of German-Polish friendship. Many players on the German national team had Polish backgrounds and vice versa, so they practically symbolised neighbourly relations between the countries. The games ended when Germany began to plan the details of the Wehrmacht's invasion of Poland. This essay looks at these matches, the players and other stakeholders. Above all, it also explores the political background to these encounters, which were visible signs of a surprising turnaround in what had previously been tense German-Polish relations. Sport was thus a foreign policy tool for both countries.

Andreas Ehresmann: "Es bestehen 4 Fußballmannschaften, aber es fehlt der Fußball." Fußball im Stalag X B Sandbostel

Im August 1939 richtete die Wehrmacht nahe dem im heutigen Niedersachsen gelegenen Dorf Sandbostel das Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager (Stalag) X B Sandbostel ein. Bis zur Befreiung durchliefen mehrere Hunderttausend Gefangene aus der ganzen Welt das Lager. Nach den Genfer Konventionen war Kriegsgefangenen kulturelle und sportliche Betätigung gestattet, ebenso wie eine angemessene Unterkunft und Verpflegung gewährleistet werden sollte. Während die Wehrmacht gegen letztere Bestimmungen bei der Behandlung aller Kriegsgefangenen in Sandbostel systematisch verstieß, duldete sie kulturelle Aktivitäten und Sport. So wurden im Lager diverse Sportarten praktiziert, darunter Fußball. Ausgehend von den allgemeinen Bedingungen sportlicher Betätigung im Stalag X B beschreibt der Aufsatz differenziert für die verschiedenen Gefangenengruppen die streng hierarchische Organisation des Fußballbetriebs im Hauptlager und in den Arbeitskommandos. Aus den Gefangenen einzelner Baracken, des Lazaretts, der Küche usw. gebildete Mannschaften spielten gegeneinander. An Sonntagnachmittagen fanden größere Turniere statt. Allerdings setzte neben der Unfreiheit auch die mangelhafte Verpflegung den sportlichen Aktivitäten Grenzen. Zudem waren das Anlegen der Plätze und die Beschaffung der Sportgeräte und -ausrüstung den Gefangenen überlassen; die Wehrmacht gewährte hierbei keinerlei Unterstützung.

Andreas Ehresmann: "There are four football teams, but there is no football." Football in Stalag X B Sandbostel

In August 1939, the Wehrmacht established the Stalag X B Sandbostel POW camp near the village of Sandbostel in what is today the state of Lower Saxony. Hundreds of thousands of prisoners from all over the world passed through the camp before it was liberated. According to the Geneva Convention, POWs were permitted to engage in cultural and sporting activ­ities, just as they were supposed to have been guaranteed appropriate food and housing. While the Wehrmacht systematically violated the latter stipulation in its treatment of all POWs in Sandbostel, it tolerated cultural activities and sports. Various sports were therefore played in the camp, including football. Based on the general conditions behind sporting activity in Stalag X B, this essay describes the strictly hierarchical organisation of football matches in the main camp and work details, which varied for different groups of prisoners. Teams made up of prisoners from individual huts, the infirmary, the kitchen, etc. played against each other. Larger tournaments took place on Sunday afternoons. However, the prisoners' lack of freedom and their insufficient provisions set limits on their sporting activities. Furthermore, it was left to the prisoners to set up the pitches and acquire the sporting goods they needed - the Wehrmacht offered no support whatsoever.

Veronika Springmann: Zwischen Selbstbehauptung, Vergünstigung und Gewalt: Fußball im Konzentrationslager Neuengamme

In fast allen nationalsozialistischen Konzentrationslagern durften Häftlinge ab Mitte 1942 Fußball spielen. Bedingt durch den Kriegsverlauf war die Häftlingsarbeitskraft im Verlauf des Jahres 1942 zu einem wichtigen Potenzial für die Rüstungsindustrie geworden, sodass Häftlingen im Sinne von "Prämien" Vergünstigungen als Leistungsanreiz gewährt wurden. Hierzu gehörte die Erlaubnis, an Sonntagen Fußball zu spielen. Dies war jedoch nur bestimmten privilegierten Häftlingen möglich. Der Aufsatz beschreibt ausgehend von Erinnerungen ehemaliger Häftlinge, wie und unter welchen Voraussetzungen Fußballspiele im KZ Neuengamme stattfanden. Im Fokus stehen der Zusammenhang von Sport und Arbeit und die Bedeutung des Fußballspielens für die Häftlinge zwischen den Polen Emanzipation und Disziplinierung.

Veronika Springmann: Between self-assertion, concessions and violence: Football in the Neuengamme concentration camp

From mid-1942, prisoners in nearly all Nazi concentration camps were allowed to play football. On account of the course taken by the war, prisoner labour had become an important resource for the armaments industry in 1942, so prisoners were granted concessions in the form of "bonuses" as a performance incentive. This included permission to play football on Sundays. However, this was possible only for certain privileged prisoners. Based on the recollections of former pris­oners, this essay describes how and under which circumstances football matches were held in the Neuengamme concentration camp. The focus is on the connection between sports and work and the importance of football to the prisoners, who were caught between the poles of emancipation and discipline.

Jim G. Tobias: Fußball in den jüdischen Displaced Persons Camps – mentale Medizin und gelebte zionistische Überzeugung

In den Displaced Persons Camps Westdeutschlands warteten nach 1945 Zehntausende Schoah-Überlebende sehnsüchtig auf die Emigration nach Palästina. Doch der Staat Israel wurde erst im Mai 1948 proklamiert. Um der Monotonie des Lagerlebens zu entkommen, entstanden schon bald zahlreiche Fußballvereine, die Meisterschaften in einer 1. Liga und sechs Regionalligen ausspielten. Die Teams trugen Namen wie Hatikwa (Hoffnung), Hagibor (Held), Kadima (Vorwärts), Hapoel (Arbeiter) oder nannten sich nach dem jüdischen Freiheitskämpfer Jehuda Makkabi. Die sportliche Betätigung während der Wartezeit war jedoch nicht nur bloße Freizeitgestaltung. Sie war Ausdruck von Lebensmut und galt zugleich als Vorbereitung auf die Zukunft in einem eigenen jüdischen Staat, wie ein Aufruf in der "Jidiszen Sport Cajtung" dokumentiert: "Wir Sportler müssen beweisen, dass wir die Avantgarde unseres Volkes sind, aus unseren Reihen werden die Helden kommen, die die Fahne der Befreiung und Unabhängigkeit von Erez Israel tragen." Diesem Ruf folgten teilweise komplette Fußballmannschaften, die 1948 im ersten arabisch-israelischen Krieg kämpften.

Jim G. Tobias: Football in the Jewish displaced persons camps: Mental medicine and an expression of Zionist conviction

In the displaced persons camps in West Germany after 1945, tens of thousands of Shoah survivors waited longingly to emigrate to Palestine. But the State of Israel was not proclaimed until May 1948. To escape the monotony of camp life, numerous football clubs were soon established, which played championships in a premier league and six regional leagues. The teams had names such as Hatikva (hope), Hagibor (hero), Kadima (forward), and Hapoel (worker), or they named themselves after the Jewish freedom fighter Judah Maccabee. But this sporting activity during the waiting period was not just a way to pass the time. It was an expression of the courage to face life, and it also served as preparation for the future in a Jewish state, as documented by an appeal in the Jidisze Sport Cajtung (Yiddish Sporting News): "We athletes must prove that we are the avant-garde of our people, our ranks will produce the heroes who will carry the flag of the liberation and independence of Eretz Israel." In some cases, this call was taken up by entire football teams that fought in the first Arab-Israeli war in 1948.

Florian Schubert: Antisemitismus im deutschen Fußball seit den 1980er-Jahren

Seit den 1980er-Jahren hat Antisemitismus im Fußball als Mittel der Abwertung gegnerischer Vereine, Fans und Spieler zugenommen. Die Wirtschaftskrise, eine konservativ-repressive Migrations- und Integrationspolitik, die liberal-konservative "Wende" und das Erstarken der "Neuen Rechten" hatten auch Auswirkungen auf die Fußballszenen der BRD und verstärkten bei Teilen der Fans die Orientierung an rechten und neonazistischen Positionen. Die Ignoranz der Verbände, der Polizei und der Politik gegenüber den problematischen Einstellungen in den Fanszenen erleichterte die Ausbreitung antisemitischen Verhaltens im Fußball zusätzlich. Manche Fußballstadien entwickelten sich zu Horten des Neonazismus, in denen Antisemitismus offen durch rechte und neonazistische Fans verbreitet werden konnte. Auch in der DDR nahm Antisemitismus im Fußball - unter anderen gesellschaftlichen Vorzeichen - im Laufe der 1980er-Jahre zu. Eine weitere Entwicklung, die in den 1980er-Jahren einsetzte, verschärfte sich in den 1990er-Jahren, als die Spiele der deutschen Nationalmannschaft, insbesondere im Ausland, zunehmend als Manifestationsraum für nationalistische, rassistische und antisemitische Haltungen dienten. Diese Entwicklungen legten den Grundstein dafür, dass antisemitisches Verhalten im Fußball bis heute ein Problem ist. In den letzten Jahren zeigt Antisemitismus im Fußball neue Ausdrucksformen. So wirkt sich die Situation im Nahen Osten bis in den (Bundesliga-)Fußball hinein aus. Auch bei den antisemitischen Angriffen gegen Vereine des 1965 in Deutschland wiedergegründeten jüdischen Turn- und Sportverbands Makkabi zeigt sich eine spezifische Form von Antisemitismus, die den Nahostkonflikt instrumentalisiert. Darüber hinaus gibt es zunehmend Angriffe von rechten und neonazistischen Fans auf antirassistische Fangruppen, die immer auch mit antisemitischem Verhalten durch die Angreifer einhergehen. Das Fehlen einer einheitlichen Linie der Vereine und Verbände im Umgang mit Antisemitismus begünstigt zudem antisemitisches Verhalten von Fans.

Florian Schubert: Antisemitism in German football since the 1980s

Since the 1980s, antisemitism has grown in football as a means of denigrating competing clubs, fans and players. The economic crisis, a conservative-repressive migration and integration policy, the liberal-conservative "turn" and the rise of the "New Right" also influenced the football scenes in West Germany and strengthened the orientation of some fans towards right-wing and neo-Nazi positions. The football associations, police and politicians ignored the problematic attitudes in the fan scenes and thus made it easier for antisemitic behaviour to spread in football. Some football stadiums became hotbeds of neo-Nazism, in which antisemitism was openly spread by right-wing and neo-Nazi fans. In East Germany, too, antisemitism increased in football - though under different social conditions - in the course of the 1980s. Another development began in the 1980s and intensified in the 1990s, when matches played by the German national team, especially away games, increasingly became a space for the manifestation of nationalist, racist and antisemitic attitudes. These developments laid the foundation for the antisemitic behaviour that remains a problem in football to this day. In recent years, antisemitism has taken on new forms of expression in football. For ex­ample, the situation in the Middle East has affected (national league) football as well. Antisemitic attacks on clubs that are part of the Makkabi Jewish gymnastics and sports association, which was re-established in Germany in 1965, are also examples of a specific form of antisemitism that instrumentalises the conflict in the Middle East. Furthermore, there has been a growing number of attacks against anti-racist fan groups by right-wing and neo-Nazi fans, which are always accompanied by antisemitic behaviour on the part of the attackers. The lack of a clear line taken by the clubs and associations for dealing with antisemitism has also fostered antisemitic behaviour among fans.

Details

Number
426
Isbn
978-3-8378-4056-8
Year
2017
Languages
German